Hertha-Profi Levan Kobiashvili: Er will doch nur spielen

Nach seiner Sperre wegen eines angeblichen Faustschlags gegen Schiedsrichter Stark ist Levan Kobiashvili zurück auf dem Platz. Er will nur noch nach vorne schauen.

Überall, wo Kobiashvili kickte, wurde er für sein mustergültiges Verhalten gelobt. Bild: reuters

Etliche Profijahre liegen hinter Levan Kobiashvili. Überwiegend gute Spielzeiten. Es werden nicht mehr viele dazukommen. Nach dieser Saison vielleicht noch eine, schätzt der 35-Jährige von Hertha BSC Berlin. Dennoch würde der georgische Rekordnationalspieler viel dafür geben, wenn er nicht mehr zurückblicken müsste. „Ich will nur noch nach vorne schauen“, bekundet er.

Ein großer dunkler Schatten liegt über seiner Vergangenheit. Peter Bohmbach, der Pressesprecher des Vereins, berichtet später, Kobiashvili sei etwas „übellaunig“ wegen des taz-Gesprächs gewesen, weil er so rückwärtsgewandt immerzu über den Faustschlag reden musste, den er nach dem Relegationsspiel im Düsseldorfer Tumult Schiedsrichter Wolfgang Stark zugefügt haben soll und für den ihn das DFB-Sportgericht eine Bundesligarekordsperre von siebeneinhalb Monaten auferlegte.

Zu spüren bekommt man seinen Unmut nicht. Überall, wo Kobiashvili kickte, wurde er für sein mustergültiges Verhalten gelobt. Mit einer ungezwungen wirkenden Freundlichkeit steht er im nüchtern ausgestatteten Medienraum von Hertha Rede und Antwort.

Aufmerksam, immer den direkten Blickkontakt suchend, hin und wieder ein Lächeln, keiner Frage aus dem Weg gehend. Er redet von „Lust, Spaß, Freude“ im Hinblick auf die Rückrunde und das Sonntagsspiel in Regensburg, wo er wohl erstmals wieder spielen wird, und da Peter Niemeyer vermutlich verletzt ausfällt, vermutlich sogar in der Startelf der Berliner. Bohmbach klärt aber nicht nur über seine Missstimmung auf, er hat zudem noch ein ungewöhnliches Anliegen: „Bitte schreiben Sie die Geschichte so auf, wie sie Herrn Kobiashvili gebührt“, mahnt er.

Ein Ehrenmann

Für die engen Wegbegleiter von Levan Kobiashvili ist und bleibt er ein Ehrenmann. Otto Rehhagel ernannte ihn einst zum „fairsten Spieler seit dem Zweiten Weltkrieg“. Geradezu demonstrativ verlängerte Hertha kurz nach der DFB-Sperre seinen Vertrag um ein Jahr. „Jede Minute ein Vorbild“, titelte auch die Bild-Zeitung noch, als er vergangene Saison Zé Roberto als ausländischen Spieler mit den meisten Bundesligaeinsätzen ablöste.

Die Sekunde jedoch, in der laut Schiedsrichter Stark Kobiashvili zugeschlagen haben soll, machte den jahrelang allseits gut beleumundeten Georgier urplötzlich zum Bösewicht der Liga, auch wenn er stets den Tatvorwurf bestritt. Darin liegt die Tragik seiner Geschichte, ganz gleich, was man glauben mag. Kobiashvili sagt, er habe in Deutschland 14 Jahre lang hart für sein gutes Image gearbeitet. Für die Bild war er aber nun der „Schiri-Schläger“ und der „Hertha-Rüpel“.

Volker Finke, der ihn einst aus Georgien in die Bundesliga zum SC Freiburg holte und heute noch in Kontakt zu seinem Ex-Schützling steht, spricht von einem „medialen Shitstorm“. Es sei in der Öffentlichkeit das Bild eines unfairen Spielertypen gezeichnet worden, das Gegenteil sei aber richtig.

„Das ist eine furchtbare Geschichte. Das passt überhaupt nicht zu seinem Charakter“, sagt Finke. Er beschreibt Kobiashvili als einen „unfassbar hoch motivierten Menschen“, der immer an das Gesamte gedacht habe, und der sich aber auf dem Spielfeld stets aus Diskussionen mit dem Schiedsrichter rausgehalten habe, weil er wusste, es würde sowieso nichts helfen.

Unabsichtlich getroffen

Dass das DFB-Sportgericht selbst im Zweifelsfall eher seinem Schiedsrichter glauben musste, liegt in der Logik des Systems. Trotz der zahlreichen Menschen, die sich um Stark drängten, hat nur dessen Schiedsrichterkollege ausgesagt, den Faustschlag ebenfalls gesehen zu haben.

Die Abmilderung der geforderten Sperre von einem Jahr begründete der DFB in einer Pressemitteilung vergangenen Juni mit dem Geständnis von Kobiashvili. Dieser streitet das aber vehement ab: „Ich habe niemals gesagt, dass ich den Schiedsrichter geschlagen habe.“ Er habe immer erklärt, dass er auf der Treppe ins Straucheln gekommen sei und im Sturz unabsichtlich Stark getroffen habe.

Lediglich die Strafe habe er akzeptiert, um möglichst bald wieder Fußball spielen zu können. Für ihn gab es nur diesen Ausweg. So zahlte er auch im von Stark angestrengten Zivilverfahren 60.000 Euro, ohne sich zu wehren. „Es kann nicht sein, dass ich von einem auf den anderen Moment plötzlich ein schlechter Mensch geworden bin. Wenn ich einer wäre, hätte sich das schön öfters gezeigt.

Das ist nicht bei mir drin als Mensch“, sagt Kobiashvili. Gegenüber vielen Journalisten hat er sich fast wortgleich so geäußert. Er, der früher Interviews häufig lieber absagt hat, wie er erzählt, ist gezwungenermaßen zum Aktivisten gegen sein Negativimage geworden. Wohl fühlt er sich in der Rolle nicht. Er sagt: „Die letzten sieben Monate waren die schwierigste Zeit für mich und meine Familie.“

Was Levan Kobiashvili bleibt, ist sein Ehrgefühl: „Ich habe es nicht verdient, meine Karriere so zu beenden.“ Er bekennt, dies sei ihm auch eine Motivation, um sich noch einmal ins Team von Hertha BSC zurückzukämpfen. Aber eigentlich möchte er ja ausschließlich nach vorn blicken. Und so betont er: „Ich will einfach nur noch Spaß haben und gemeinsam mit den anderen unser großes Ziel, den Aufstieg, erreichen.“

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