Hochwasser in Niedersachsen: Land unter

In Hildesheim steigen die Pegel der Innerste wieder. Goslarer Altstadt stand unter Wasser. Wie hoch der Schaden am Weltkulturerbe ist, ist unklar.

Hochwasser in Rhüden von oben

Ist überall in Rhüden: das Wasser Foto: dpa

HANNOVER taz/dpa/epd | Kaum zieht sich das Wasser an einem Ort in Niedersachsen ein bisschen zurück, steigen die Pegel anderswo wieder an. In Hildesheim ist das Wasser der Innersten erneut auf über sieben Meter gestiegen. Sandsack um Sandsack stapelten Feuerwehrleute und Helfer in der Nacht. Doch je länger das Wasser gegen die feuchten Sandsäcke stoße, desto größer sei die Gefahr, dass die braune Brühe durch komme, sagte ein Feuerwehrsprecher. Dass die Pegelstände wieder stiegen, sei keine gute Nachricht.

Tief „Alfred“ zieht zwar mittlerweile nach Osten ab. Der Regen höre laut Deutschem Wetterdienst zwar noch nicht ganz auf, aber die Intensität lasse nach. Eine Entwarnung gibt es aber noch nicht.

Feuerwehrleute stapeln Sandsäcke in Hildesheim

Hoffen, dass der Sand reicht: Feuerwehrleute in Hildesheim Foto: dpa

Goslar hatte am Mittwochmorgen für einige Stunden den Katastrophenfall ausgerufen. Die Straßen in der historischen Innenstadt waren überspült, auf dem von Fachwerkhäusern umgebenen Marktplatz stand das Wasser laut einer Polizeischätzung bis zu 20 Zentimeter hoch. Ein Altenheim und ein Hotel mussten evakuiert werden. „Bis auf eine Bundesstraße war der ganze Oberharz praktisch abgeschnitten“, sagt Markus Lüdke von der Polizei in Goslar. Drei Tage Dauerregen hatten die Flüsse über die Ufer treten lassen – in Goslar waren das die Abzucht und die Gose.

Marktplatz in Goslar voller Wasser

Unter Wasser: der Marktplatz in Goslar Foto: dpa

„Das Weltkulturerbe wurde geflutet“, sagt Lüdke mit Blick auf die Altstadt Goslars. Die Schäden seien bisher noch nicht absehbar. Erst gegen 13 Uhr hörte es auf zu regnen. Die Lage sei seither entspannter. Das Wasser läuft aber nur langsam ab. „Jetzt müssen wir noch die abfließenden Massen aus dem Harz bewältigen.“ Langsam beginnt das große Aufräumen.

Von den Wassermassen angespülte Äste

Jetzt kommt das große Aufräumen: Goslar Foto: dpa

Auch in der Nachbarstadt Bad Harzburg waren Straßen überflutet. Das niedersächsische Innenministerium ging davon aus, dass bis zum Mittwochabend die Scheitel des Hochwassers an den betroffenen niedersächsischen Städten erreicht sein würden. Es werde aber noch dauern, bis man tatsächlich von einer Entwarnung sprechen könne“, sagte der Staatssekretär des Innenministeriums, Stephan Manke (SPD), der sich die „reißenden Wassermassen“ vor Ort angeschaut hatte.

Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) befürchtete indes, „dass es sich nicht nur schlicht um ein singuläres Wetterphänomen handelt, sondern hier auch veränderte klimatische Einflüsse Wirkung entfalten“. Die Maßnahmen gegen den Klimawandel müssten deshalb verstärkt werden. „Die zunehmenden Beeinträchtigungen für Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und das Alltagsleben der Menschen sind besorgniserregend.“

Frauen laufen mit einem Kind auf dem Rücken durchs Wasser

Das beste draus gemacht: Huckepack durchs Hochwasser in Bockenem Foto: dpa

Auch der Kieler Klimaforscher Mojib Latif geht davon aus, dass so extreme Wetterlagen wie der Dauerregen der vergangenen Tage in Zukunft häufiger vorkommen werden. „Allerdings sind das nicht nur starke Regengüsse, das könnten auch lange Trockenphasen oder sehr heiße Wetterlagen sein“, sagte der Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. „Das sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten einer Medaille – und diese Medaille heißt Erderwärmung.“

Die Häufung von Extremwetterlagen sei ein Zeichen dafür, dass der Klimawandel auf das alltägliche Wetter übergreife, sagt Latif. Es müsse alles getan werden, um die Erderwärmung abzubremsen und zu stoppen. Darüber hinaus sei es wichtig, sich besser für künftige Extremwetterlagen zu wappnen. „Wir erleben, dass unsere Infrastruktur auf so starke Niederschläge nicht vorbereitet ist.“ U-Bahnhöfe liefen voll Wasser oder Straßen würden unterspült.

Eimer Wasser wird aus einem Fenster gekippt

Bloß raus mit der Brühe: Anwohnerin in Rhüden Foto: dpa

Aber es gebe auch Grenzen der Anpassung. Das könne bedeuten, von Liebgewonnenem Abschied zu nehmen, etwa davon, dicht an Bächen oder Flüssen Häuser zu bauen.

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