Im Kampf gegen den IS getötet: „Bis zur letzten Kugel“

Die 19-jährige Ivana Hoffmann ist in Syrisch-Kurdistan getötet worden. Sie ist die erste Deutsche, die im Krieg gegen den IS stirbt. Wer war sie?

Ivana Hoffmann: „Für unseren Internationalismus, den die MLKP vertritt.“ Bild: Etha

Wieder ist ein junger Mensch aus Deutschland bei Kämpfen in Syrien gestorben. Diesmal handelt es sich um eine Frau. Und sie gehörte nicht zu den rund 650 Personen, die sich den jüngsten Zahlen des Bundesinnenministeriums zufolge den Dschihadisten in Syrien und im Irak angeschlossen haben und von denen bislang 75 ums Leben gekommen sind. Vielmehr wurde sie im Krieg gegen den IS getötet.

Ihr Name: Ivana Hoffmann, geboren in Emmerich am Rhein, aufgewachsen in Duisburg, 19 Jahre alt, Abiturientin, seit sechs Monaten an der Front in Rojva (Syrisch-Kurdistan), Kampfname Avaşin Tekoşin Güneş, gestorben in den frühen Morgenstunden des 7. März.

Gegenüber der taz spricht das Bundesamt für Verfassungsschutz von einer „zweistelligen Zahl“ von Personen aus Deutschland, die in den Reihen der syrisch-kurdischen YPG, der türkisch-kurdischen PKK oder ihrer Verbündeten kämpfen. Die meisten dürften einen familiären Bezug zur Region haben. Nicht so Hoffmann. Ihr Vater stammt aus Togo, die Mutter ist Deutsche. Wie kommt eine 19-jährige Abiturientin aus einem armen, eher deutschen Viertel wie Duisburg-Meiderich dazu, das Abitur nach der zwölften Klasse abzubrechen und als Kämpferin in die Berge Kurdistans zu ziehen?

„Ivana war ein sozialer Mensch“, erzählt einer ihrer Duisburger Freunde. „Sie wuchs mit vielen türkischen und kurdischen Freunden auf, sie konnte Türkisch und Kurdisch und sie hat sich für Frauenrechte eingesetzt. Sie wollte die Revolution von Rojava verteidigen, die ja auch eine Revolution der Frauen ist.“

Deutscher Ableger der MLKP

Hoffmann war in Duisburg in der Gruppe „Young Struggle“ aktiv, die im Ruf steht, der türkischen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP) nahezustehen. MLKP-Mitglieder kämpfen in Syrien unter dem Oberkommando der YPG. Einer davon war der im Oktober im Alter von 30 Jahren bei den Kämpfen um Kobani getötete Suphi Nejat Ağırnaslı. Er stammte ebenfalls aus Duisburg, war aber bereits vor einigen Jahren zum Studieren nach Istanbul gegangen. Die zweite ist nun Ivana Hoffmann.

In einem wenige Wochen alten Video der linken türkischen Nachrichtenagentur Etha sieht man sie vermummt und mit einem Sturmgewehr in der Hand. „Mein Entschluss, nach Rojava zu kommen, ist, weil man hier für die Menschlichkeit kämpft, für die Rechte, für unseren Internationalismus, den die MLKP vertritt“, sagt sie darin etwas unbeholfen. Die Reporterin der Etha, die sie vor einiger Zeit porträtiert hatte, berichtete der taz, sie habe Hoffmann zusammen mit deutsch-türkischen, deutsch-kurdischen und spanischen Kämpfern gesehen. Hoffmann habe auf sie „energiegeladen und glücklich“ gewirkt und habe gesagt, dass sie nicht daran denke, nach Deutschland zurückzukehren.

Christliches Dorf verteidigt

In der ebenfalls von der Agentur Etha verbreiteten Erklärung der MLKP hieß es, Hoffmann sei bis „zur letzten Kugel“ gegen die „ISIS-Banden kämpfend bei der Verteidigung des assyrischen Dorfes Til Hemis gestorben, rund 200 Kilometer östlich von Kobani.

Ein Sprecher der YPG sagte der taz, Ivana Hoffmann sei am schweren russischen Maschinengewehr BKC ausgebildet worden und haben im Kanton Cizire gekämpft. In dieser Nacht sei mit „weiteren Kämpfern der YPG gefallen“, der Angriff auf das christliche Dorf sei aber abgewehrt worden. In der Zählung der YPG ist sie die erste deutsche Gefallene. Allerdings kämpfen in den Reihe der PKK auch aus Deutschland stammende Personen, die sich die sich vor vielen Jahren der Guerilla angeschlossen haben.

Offenbar fiel Hoffmanns Leichnam nicht in die Hände des IS. Freunde berichten, dass Hoffmanns Familie den Leichnam nach Deutschland überführen möchte. Das Auswärtige Amt sagte auf Nachfrage der taz, dass sich die Familie bislang nicht an die Behörden gewandt habe. Überhaupt könne man den Vorfall nicht bestätigen.

Am Sonntag trafen sich in Duisburg rund 100 Menschen zu einer spontanen Gedenkveranstaltung. Für den kommenden Samstag ist im Stadtteil Marxloh eine größere Veranstaltung geplant.

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