In eigener Sache: taz zahl ich!

Mit der „taz-zahl-ich“-Kampagne wirbt taz.de für eine Kultur der Fairness. Wer online liest, der möge auch bezahlen. Im Gegenzug will taz.de weiter auf Paywalls verzichten.

Die Gesichter der neuen taz-Kampagne: taz-zahl-ich. Bild: taz

Viertes Update: Nach vier Tagen gingen 4.600€ bei taz.de ein. Insgesamt 930 taz.de-Leserinnen und Leser haben bereits gezahlt – und zwar Beträge von 30 Cent bis 300 Euro. Vielen Dank!

Seit längerer Zeit experimentiert taz.de mit dem Freiwilligen Bezahlen. „Was ist Ihnen die Internetausgabe der taz wert?“ fragten wir schon 2005. Die Idee ist simpel: taz.de publiziert ohne jede Barriere, macht alle Onlineinhalte frei verfügbar. Und appelliert gleichzeitig an die Leserinnen und Leser: Wenn ihnen taz.de oder ein einzelner Artikel gefällt, dann mögen sie uns einen angemessenen Betrag dafür geben. Eben so viel, wie ihnen unsere Dienste wert sind.

Lange litt diese Idee unter den beschränkten technischen Möglichkeiten, online kleine Zahlungen sicher, bequem und kostengünstig anzuweisen. Das hat sich inzwischen geändert. Deshalb haben wir am Samstag unsere Kampagne „taz-zahl-ich“ gestartet, um das Prinzip des Freiwilligen Bezahlens auf taz.de als neue Säule der Finanzierung unseres Online-Angebotes zu etablieren.

taz.de erreicht mehr als eine Million Leser

Seit vier Jahren gibt es nun taz.de als eigenständiges Web-Angebot der taz. Wir haben in dieser Zeit ein rasantes Wachstum hingelegt, konnten die Zahl der Besuche auf taz.de mehr als verdreifachen und erreichen inzwischen jeden Monat 1,2 Millionen Menschen – deutlich mehr als mit der Zeitung.

Auch auf der Einnahmeseite verzeichnen wir Zuwächse: 2010 konnten wir mit Anzeigen bereits eine Viertelmillion Euro einnehmen – und so schon annähernd die Hälfte der Mehrausgaben der taz für ihr Online-Angebot decken. Klar ist aber auch, dass das nicht reichen wird. Und es wäre auch nicht klug, sich anteilig zu stark von Anzeigen abhängig zu machen, selbst wenn das ginge.

So steht die taz mit ihrem Onlineangebot heute vor derselben Herausforderung, wie die Zeitung schon 1979 und 1990. Vor der Frage nämlich: Wie kann man unabhängigen Journalismus finanzieren?

Vermutlich sind sich auch die Antworten ähnlicher, als man zunächst annehmen könnte.

Statt „Gratis-Kultur“ eine „Fairness-Kultur“

Viel ist derzeit die Rede vom „Gratis-Kultur im Internet“, die die Verlage gerne beenden wollen.

Wer online lese, solle gefälligst dafür bezahlen wie ein Zeitungsleser auch. Auf immer mehr Websites kriegt man nur noch die Zusammenfassung eines Artikels gratis. Wer mehr lesen will, muss vorher zahlen.

Ein durch solche so genannten „Bezahlschranken“ abgeriegeltes Internet ist der Traum vieler Verleger. Apples handlicher iPad-Computer wurde deshalb zum Darling der Verlage, weil sich mit ihm Inhalte besser kontrollieren und abrechnen lassen als am PC.

Auch wir bieten natürlich für die, die es gerne so haben wollen, die Ausgabe der Zeitung als ePaper an, auch im Appstore. Das Problem ist nur: Wer das Geschäftsmodell so eins zu eins von der Zeitung ins Internet übersetzen will, übersieht die großen Unterschiede der beiden Medien.

Wer eine Zeitung kauft, zahlt immer für eine Sammlung von Artikeln, und damit auch für die Dienstleistung, das Geschehen eines ganzen Tages übersichtlich aufbereitet zu bekommen.

Google und Facebook – Kiosk im Internet

Online dagegen präsentiert eine Website einen viel flüchtigeren Ausschnitt des Tages. Selten konsumieren die User mehr als ein paar Artikel auf einmal – oft ist es nur einer. Ja, viele kommen nicht mal direkt auf die Website. Immer öfter kommen die Artikel praktisch zum Leser: Über Google, Twitter, Facebook und manchmal auch per Mail werden sie ihm von Freunden oder Suchrobotern zugänglich gemacht. Aber das funktioniert nur, solange die Artikel nicht hinter einer Bezahlschranke versteckt wurden.

Nur was kostenlos veröffentlicht wird, kann auch weitergeben werden – auf welchem Weg auch immer. Auf diese Weise erreicht die taz heute ein Publikum, das so groß ist wie niemals zuvor. In gewisser Weise sind Google, Twitter und Facebook die Kioske des Internets. Diese neuen Kioske sind allgegenwärtig, nur gibt es keine Möglichkeit, dort Geld zu nehmen.

Warum auch? Diese Internet-Kioske bringen uns ständig neue Aufmerksamkeit, bringen Publizität. Und das ist es doch, was die taz immer angetrieben hat – und was den Kern des Gedankens der Genossenschaft ausmacht: Unabhängigen Journalismus zu unterstützen, (Gegen-)Öffentlichkeit zu schaffen.

Der solidarische Gedanke auf taz.de

Darin steckte immer auch ein solidarischer Gedanke: Wer mehr hat, zahlt auch mehr, damit auch der, der wenig hat, taz lesen konnte. So haben wir im September 1993 bei den Abo-Preisen den „taz-Solidarpakt“ erfunden: „Der politische Preis der taz: Mit unserer Leserschaft inszenieren wir das Richtige im Falschen (das es nämlich doch gibt) – und verteilen um. Zum Wohle aller“, hieß es damals zur Begründung. Heute zahlt etwa ein knappes Viertel der Abonnenten den erhöhten politischen Abopreis von 43,90 Euro im Monat, damit ein weiteres Viertel die taz schon für 22,90 Euro bekommt. (Der Standardpreis liegt bei 35,90 Euro.)

Die Idee der Genossenschaft setzt diese Solidarität noch ein Stück weiter fort. Hier investieren die Genossen ihr Geld, damit die taz weiter unabhängig publizieren und sich entwickeln kann. Das Lesen und das Zahlen sind hier physikalisch komplett getrennt – und ideell doch eng verbunden.

Jede/r zahlt auf völlig freiwilliger Basis

Genau so funktioniert das neue Bezahlmodell „taz-zahl-ich“ auf taz.de: Unser Online-Angebot bleibt komplett frei verfügbar. Doch wir fordern unsere Leser auf, uns dafür zu unterstützen. Entscheidend ist, dass es auf völlig freiwilliger Basis beruht: Jeder gibt, was er will, soviel er will und so oft er will.

Dafür bieten wir eine Vielfalt von Bezahlwegen an: Von der einfachen Überweisung, über Kreditkarte, Lastschrift, PayPal bis zur Handyzahlung ist alles dabei. Auch das Flattr-Tool, mit dem wir schon eine Weile experimentieren, bieten wir weiterhin an.

Die Leserinnen und Leser können sich entscheiden, ob sie für einen speziellen Artikel Geld geben wollen (im Element unterm Artikel) oder für taz.de als Ganzes (im Element in der rechten Spalte). Nach dem Bezahlen können Sie sich in unser taz-zahl-ich-Gästebuch eintragen und unseren Newsletter zur Kampagne bestellen.

Mit unser neuen Funktion bleibt taz.de in gewisser Weise weiter gratis. Doch an die Stelle der „Gratis-Kultur“ setzen wir eine „Kultur der Fairness“. Nach dem Lesen zu sagen, „taz-zahl-ich“ wird zu einer Frage des Bürgersinns: Nämlich für ein gutes Angebot auch soviel zu geben, dass es weiter bestehen kann. Um guten unabhängigen Journalismus auch online zu sichern.

Darin steckt natürlich auch wieder ein solidarischer Gedanke: Denn wer mehr hat, kann auch etwas mehr für taz.de geben.

Öffnet sich mit jeden vierten Aufruf eines Artikels von alleine – ansonsten kann man es mit dem roten Knopf „taz-zahl-ich“ aufklappen: Das neue Bezahl-Element. Bild: taz

Nicht nur für die taz, für's ganze Web

Wir sind überzeugt, dass die taz ein solches System erfolgreich etablieren kann. So laufen schon jetzt monatlich rund 1.700 Euro an freiwilligen Zahlungen im Monat auf verschiedenen Wegen in Beiträgen von einem Cent bis 100 Euro bei der taz ein – ohne, dass wir jemals groß dafür geworben hätten. Diese Erfahrung zeigt, dass unsere Leserinnen und Leser unsere Arbeit unterstützen wollen.

Uns geht es dabei nicht nur darum, für die taz ein Finanzierungsmodell zu finden. Wir wollen eine „Kultur der Fairness“ im Netz etablieren, die es auch Bloggern, Künstlern und Initiativen erleichtert, ihre Arbeit zu finanzieren.

Wir bitten Sie herzlich, liebe Leserinnen und Leser, uns dabei zu unterstützen.

Über den Fortgang der Kampagne informieren wir kontinuierlich auf unserer Kampagnenseite taz.de/taz-zahl-ich und im Hausblog.

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