Institut zur Zukunft der Arbeit klagt: Unabhängigkeit vor Gericht

Das von der Post-Stiftung finanzierte Institut zur Zukunft der Arbeit will die Aussage, dass es nicht unabhängig sei, gerichtlich verbieten lassen.

Der Weg zur Unabhängigkeit kann weit sein. Bild: photocase / sasto

BERLIN taz | Wie „unabhängig“ ist das Institut zur Zukunft der Arbeit? Und wird dort „freie Wissenschaft“ betrieben – oder „Lobbying unter staatlichem Siegel“? Diese Fragen muss an diesem Freitag das Landgericht Hamburg klären. Der IZA-Direktor Klaus Zimmermann klagt gegen den freien Autor Werner Rügemer, der das Institut in einem Artikel als Beispiel für verborgenen Lobbyismus aufgeführt hatte.

Das IZA ist ein privates Forschungsinstitut, das der Universität Bonn angegliedert ist, aber komplett aus Drittmitteln finanziert wird. Diese stammen zum Großteil von der Stiftung der Deutschen Post. Für Rügemer ist damit klar, dass das Institut nicht so „unabhängig“ sein kann, wie es sich selbst auf seiner Homepage beschreibt.

In einem Beitrag für die Zeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik schrieb er darum im vergangenen Sommer: „Faktenwidrig bezeichnet es sich als ’unabhängig‘.“ Und: „Von ’freier Wissenschaft‘ kann hier allerdings beim besten Willen nicht gesprochen werden.“

Dagegen ging Zimmermann juristisch vor. Für die genannten Sätze sowie für den Eindruck, dass das Institut Lobbyismus betreibe und nicht über seine private Finanzierung informiere, verlangte er eine Unterlassungserklärung vom Autor, dem Verlag der Blätter und dem Online-Medium Neue Rheinische Zeitung (NRhZ), das den Text ebenfalls veröffentlicht hatte.

Unterstützung von Giegold

Während die Blätter diese Erklärung nach eigener Aussage „nach Abwägung in sachlicher und rechtlicher Hinsicht“ unterzeichneten und das Kapitel zum IZA aus der Online-Version des Textes entfernten, weigerten sich Rügemer und die NRhZ. Gegen die einstweilige Verfügung, die das Landgericht Hamburg daraufhin ohne Anhörung der Betroffenen erließ, wehren sie sich mit dem jetzt anstehenden Prozess. Wenn Rügemer verliert, drohen ihm bei Wiederholung seiner Kritik ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren.

Für den Autor mehrerer Bücher, der gelegentlich auch für die taz geschrieben hat, steht fest, dass das Institut nicht unabhängig ist: Gegen wirtschaftliche Unabhängigkeit spreche die langjährige Finanzierung durch den zentralen Großsponsor Post-Stiftung, die vom langjährigen Post-Vorstand Klaus Zumwinkel geleitet wird; dieser ist zugleich Präsident des IZA.

Die wissenschaftliche Unabhängigkeit werde durch Zusammenarbeit mit der Lobby-Organisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und BDI-Vertretern sowie durch neoliberal geprägte Aufrufe an die Politik infrage gestellt, erklärte Rügemer. Das IZA selbst äußerte sich auf taz-Anfrage nicht zu dem Rechtsstreit.

Unterstützung bekommt Rügemer vom Grünen-Politiker Sven Giegold. „Das ist ein offensichtlicher Einschüchterungsversuch gegen einen kritischen Journalisten“, sagt er der taz. Die Vorwürfe gegen das IZA und dessen Vorsitzenden Zimmermann macht sich der EU-Abgeordnete zu eigen: „Es ist doch völlig klar, dass bei der Finanzierung durch einen Großsponsor nicht von Unabhängigkeit gesprochen werden kann.“ Auf seiner Webseite fordert er darum: „Herr Zimmermann, zeigen Sie mich auch an!“

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