Islamische Kindergärten in Österreich: Regierung frisierte Studienergebnisse

Im Integrationsministerium wird eine Studie zu islamischen Kindergärten „verschärft“. Manche Aussagen wurden sogar in ihr Gegenteil verkehrt.

Sebastian Kurz im Porträt

Soll Frisierexperten im Haus haben: Sebastian Kurz Foto: ap

WIEN taz Beamte des österreichischen Außen- und Integrationsministeriums haben eine wissenschaftliche Studie zu islamischen Kindergärten massiv frisiert. In einer Rohfassung der von Minister Sebastian Kurz gemeinsam mit der Stadt Wien in Auftrag gegebenen Studie, die der Stadtzeitung Falter zugespielt wurde, sind rund 900 Änderungen zu sehen, von denen viele die ursprüngliche Aussage auf den Kopf stellen.

Kurz hatte vergangene Woche die islamischen Kindergärten in Wien als Integrationshindernisse ausgemacht und deren Schließung gefordert. Da eine pauschale Schließung rechtlich nicht möglich wäre, schlug er vor, die Qualitätskriterien so zu ändern, dass diese Kindergärten zusperren müssten. Das Dokument liefert Munition für den Wahlkampf von Sebastian Kurz, der am 1. Juli zum neuen Chef der Volkspartei ÖVP gewählt wurde.

Studienautor Ednan Aslan zeigte sich erst erstaunt über die Veränderungen. Fünf Tage später vermeldete er via Twitter, alle inhaltlichen Modifikationen seien mit ihm abgesprochen gewesen. Im Ministerium hieß es anfangs, es seien lediglich Orthografie und Interpunktion korrigiert worden. Für Falter-Chefredakteur Florian Klenk ist ersichtlich, dass zwei Beamte des Ministeriums diese Studie ganz intensiv bearbeitet haben: „Sie haben Rechtschreibfehler ausgebessert, Fragen in das Dokument an den Forscher gestellt, und sie haben am Ende des Dokuments Aussagen ins Gegenteil verkehrt“, so Klenk im ORF Fernsehen.

So wurde die Textstelle wonach sich die Eltern nach „den Werten der Liebe, Toleranz und Weltoffenheit“ sehnen, verändert zu „sie sehnen sich nach islamischen Werten“. Wo Eltern wünschen, dass „Kinder nach den Werten des Respekts erzogen werden“, steht nun: „Sie sollen gegen die Mehrheitsgesellschaft positioniert“ werden. Florian Klenk: „Es sind viele, viele kleine Räder, an denen die Beamten drehen, die Studie schärfer machen, und viele Dinge, die relativieren, die abschwächen, werden gestrichen.“

Dass es in Wien Probleme mit islamischen Bildungseinrichtungen gibt, wird nicht einmal von Seiten der islamischen Gemeinde bestritten. Viele sind inzwischen wegen Qualitätsmängeln oder Mittelveruntreuung wieder geschlossen worden. Der zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) warf Kurz vor, das Thema populistisch zu missbrauchen.

Und Bürgermeister Michael Häupl griff Kurz frontal an: „Dass man eine Studie fälscht – und ich nenn’ das bewusst fälscht – das ist das Allerletzte“. Und verantwortlich „sind die Chefs“. Während man in den sozialen Medien über den „Frisiersalon Sebastian“ witzelt, will sich die Uni Wien die Vorstudie vorknöpfen und überprüfen, ob ihre Aussagen „auf Basis von wissenschaftlichen Grundlagen erfolgten“.

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