Islamisten in Nordmali: Bewohner wehren sich gegen Scharia

Bewohner der Distrikthauptstadt Gao in Nordmali verhindern ein öffentliches Handabhacken. Islamisten wollten einen Waffendieb aus den eigenen Reihen bestrafen.

Islamistische Milizen wie Mujao und Ansar Dine kontrollieren den Norden Malis. Bild: reuters

BAMAKO afp/taz | In Gao, der größten Stadt des von Islamisten kontrollierten Nordens von Mali, hat die Bevölkerung am Sonntag die strikte Anwendung des islamischen Schariarechts verhindert. Augenzeugen zufolge wurden die Islamisten in der Stadt daran gehindert, einem angeblichen Dieb öffentlich die Hand abzuhacken.

„Sie konnten ihm die Hand nicht abschneiden“, berichtete ein Lehrer aus Gao telefonisch gegenüber AFP. „Ganz früh am Morgen stürmten Hunderte Jugendliche den Unabhängigkeitsplatz von Gao, um die Bestrafung zu verhindern.“

Am Samstag hatte die islamistische Miliz „Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika“ (Mujao), eine der in Nordmali herrschenden Gruppen, im lokalen Rundfunk angekündigt, es werde am Sonntag auf dem zentralen Platz von Gao einem Dieb die Hand abgehackt.

Daraufhin kam es zur Mobilisierung der Bevölkerung. „Sie konnten den Gefangenen gar nicht erst auf den Platz bringen“, berichtete der Leiter einer Nichtregierungsorganisation in Gao. „Die Bewohner von Gao hielten den Platz besetzt.“

Aus Nachbarländern angeworbene Islamisten

Der „Gefangene“ war angeblich selbst Mujao-Mitglied und hatte Waffen gestohlen, um sie weiterzuverkaufen. Die Mujao ist ein Zweig der „Al-Qaida im Islamischen Maghreb“ (AQMI) und soll in dieser für Entführungen von Ausländern zuständig sein. Sie soll vor allem Islamisten aus Ländern wie Mauretanien, Senegal und Niger angeworben haben, anders als die vor allem aus Maliern bestehende größere islamistische Gruppe Ansar Dine.

In Gao ist Mujao die stärkste Miliz. Vor Kurzem behauptete der Präsident des Nachbarlandes Niger, Mahamadou Issoufou, Ausbilder aus Pakistan seien in Gao gelandet, um Kämpfer auszubilden.

Dieben die Hände abzuhacken gilt als besonders rigorose Interpretation der Scharia und ist vor allem in Saudi-Arabien verbreitet. Vor Kurzem wurde in der Kleinstadt Aguelhok in Mali ein unverheiratetes Paar zu Tode gesteinigt; in Timbuktu zerstörten radikale Islamisten heilige Grabstätten aus dem Mittelalter.

„Wir wollen nicht wissen, was der junge Mann gemacht hat“, berichtete ein Bewohner von Gao über die Protestaktion. „Aber die werden nicht vor unseren Augen seine Hand abhacken. Die Islamisten haben nachgegeben. Und die Bürger haben als Siegeszeichen die malische Nationalhymne angestimmt.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.