Journalismus global digital: Klischee oder unvollständig?

Mercy Abang, freie Journalistin und Bloggerin aus Nigeria, diskutierte auf dem Sommerfestival über Journalismus heute.

Helmut Höge (taz), Andreas Raabe (kreuzer) und Mercy Abang diskutieren journalistischen Wandel Bild: Burhan Yassin

von MERCY ABANG

Als afrikanische Journalistin mag ich die Idee eines solchen Festivals, das Gleichgesinnte dazu aufruft, die Medien auseinanderzunehmen und zu kritisieren. Besonders in der heutigen Zeit, in der die Rolle der Medien ernsthaften Gefahren und Herausforderungen ausgesetzt ist.

Einerseits von denen, die sagen, dass Fake News heute vermehrt an der Tagesordnung sind wegen der Bürgerjournalisten, die mit ihren Smartphones bewaffnet herumlaufen. Und andererseits von den Türhütern, die zwar die Ethik des Berufs verstehen, aber immer mehr zum „Establishment“ gehören und plötzlich entscheiden, über was berichtet wird und über was nicht, und die Aufgaben der großen Unternehmen ausüben müssen, statt ihrer ursprünglichen Rolle gerecht zu werden, nämlich der der Beobachter der Gesellschaft.

Das Treffen mit deutschen Medienmacher*innen am Runden Tisch auf dem Festival ermöglichte mir, mehr über ihre Sichtweisen und Tätigkeiten zu erfahren, auch darüber, was sie über die afrikanische Medienlandschaft denken. Ich bin froh darüber, dass ich die Möglichkeit hatte, den Kolleg*innen zu erzählen, wie die afrikanische Sichtweise auf westliche Medien aussieht. Es ist tatsächlich eine nicht enden wollende Debatte, aber das Festival machte die Diskussion erst möglich, und das ist sehr löblich.

Mehr als Hungersnot und Krieg

Wie die Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie schon so richtig betonte: „Klischees sind nicht falsch, sie sind nur nicht vollständig.“ Ich bin ganz ihrer Meinung, die Stereotype über Afrika, aus der Sicht westlicher Medien, sind unvollständig. Um ein Gleichgewicht zu schaffen und zu gewährleisten, dass Medienkonsumenten in Europa alle Seiten der Geschichte mitbekommen, ist es wichtig, dass wir auch darüber berichten, wie die Informations- und Kommunikationstechnologie, gerade für junge Afrikaner*innen, ein boomendes Berufsfeld geworden ist: Yaba, ein Ort in Lagos – Mark Zuckerberg war sogar schon dort – wird mit dem Silicon Valley verglichen, und das M-Pesa System für Geldtransfers und bargeldlosen Zahlungsverkehr über Mobiltelefone in Kenia ist sogar erfolgreicher als seine Counterparts in größeren Ländern wie den USA.

Es gibt Geschichten aus Afrika, die nichts mit Hungersnot, Krieg und Konflikt zu tun haben und die Europa interessieren sollten. Afrika ist ein Kontinent der Zukunft geworden und die Medien haben die Verantwortung, auch diese Geschichte zu erzählen.

MERCY ABANG, 32, aus Nigeria, arbeitet bei NewsWireNGR und ist eine der Teilnehmer*innen des taz-Afrika-Workshops.

Aus dem Englischen von MAREIKE BARMEYER.