Jugendportale „SpOn“, „Zeit“ und „Bild“: Textsushi für die Generation YouTube

Die Portale werden ihrem Anspruch nicht gerecht. Die Jugendsprache ist peinlich-bemüht, Besucher sind mittelalte Berufsjugendliche.

Sushi auf einem Teller

Häppchenweise Journalismus von bento.de – Bento, wie die Sushiboxen. Foto: reuters

Von Sushi wird die Kotze grün. Zumindest meine, und ich gehöre mit 18 Jahren zur Zielgruppe des Spiegel Online-Ablegerportals bento.de. Der Name kommt von den Sushiboxen. Die Seite startet im Oktober und richtet sich an 18- bis 30-Jährige. Separate Onlineredaktionen sollen das junge Publikum mit Textsushi füttern: Bild hat seit Anfang September „BYou“, Die Zeit seit Ende Juli „Ze.tt“.

Vorbildcharakter besitzen „heftig.co“ und das deutsche „Buzzfeed“. Mit reißerisch-manipulativen Schlagzeiltorturen – „Bevor ich DAS gesehen habe, hatte ich echt miese Laune.“ – verkörpern sie eine virale Mischung aus RTL II und N24 und rauben Zeit und Nerven.

„BYou“ ist für die jungen Jungen gemacht, für die Generation YouTube-Kommentar: „Nacktfotos verschicken – völlig normal oder No-go“, „Persönlichkeits-Test: Bist du dumm?“ Ja, denn ich habe keine Antwort auf nonexistenzialistische Sinnsushi-Fragen: „Wovon kann man schwanger werden? Popeln / Petting / Poppen / Polen“. Dazwischen altbackene Smileys und depperte Videos. Wer „BYou“ „liest“, wird hoffentlich nie schwanger.

Die Verwendung gequälten Jugendsprechs wirkt auf „ze.tt“ nur noch peinlich-bemüht. Schön beim Publikum schleimen. Die jungen Leute von heute finden so was toll und haben ansonsten die Aufmerksamkeitsspanne eines di Lorenzo beim Wählen, glauben wohl die Macher.

Vermutlich hecken Portale wie „Ze.tt“ und „Bento“ hüftsteife alte Herren aus, mittelalte Berufsjugendliche, zeitlose Junggebliebenseinwollende oder nie wirklich jung Gewesene. Und sie werden in Wahrheit auch nur von diesen besucht. „Bentos“ Erfolg ist Wunschdenken. Denn mit dem Alter verhält es sich paradox: Kommt es in der ersten Lebenshälfte darauf an, älter zu wirken, will man, in der zweiten Lebenshälfte angekommen, alt und dem Grabe nah sich fühlend, möglichst jung wirken – und also auch „Bento“ besuchen.

Das Konzept wird seinem Anspruch nicht gerecht: seriöse, aber coole Geschichten in trendiger Sprache auf vielen Kanälen? „Ze.tt“ und „Bento“ sollen diejenigen lesen, die ihre Finger ins neueste Trendsushi stecken. Doch fühlen die sich wohl zu alt dafür. Und es wäre zudem so authentisch wie eine Unterhaltung mithilfe des Langenscheidt-„Jugendsprache“-Lexikons: „Ey, du Arschhobbit! Biste am Stizzle?“

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