Justizthriller in Argentinien: Verhaftung der Präsidentin geplant

Der Tod Alberto Nismas ist noch immer nicht aufgeklärt. Nun wurde im Mülleimer des Sonderstaatsanwalts ein interessantes Dokument entdeckt.

Fühlt sich von Agenten, Staatsanwälten und Journalisten verfolgt: Cristina Kirchner während der Fernsehansprache. Bild: dpa

BUENOS AIRES taz | Argentiniens toter Staatsanwalt Alberto Nisman wollte einen Haftbefehl gegen Präsidentin Cristina Kirchner erwirken. Im Mülleimer von Nismans Wohnung wurde ein entsprechender Entwurf gefunden, bestätigte die ermittelnde Staatsanwältin Viviana Fein am Dienstag. Das Dokument, in dem Nisman auch die vorläufige Festnahme des Außenministers Héctor Timerman und anderer Beschuldigter fordert, trägt ein Datum aus dem Juni 2014.

Nisman hatte wenige Tage vor seinem Tod Präsidentin Kirchner und Außenminister Héctor Timerman beschuldigt, die Ermittlungen zu dem Anschlag zu behindern und eine 290 seitige Anzeige vorgelegt. Kirchner selbst habe den Auftrag erteilt, das juristische Vorgehen gegen den Iran einzustellen und die internationalen Haftbefehle von Interpol gegen die iranischen Beschuldigten zurückzuziehen.

Warum der Staatsanwalt den Entwurf verworfen hat, ist ebenso Gegenstand der Spekulation, wie so vieles in dem Fall. Für eine Vollstreckung gegen Präsidentin hätte der Kongress die Immunität Cristina Kirchners mit einer Zweidrittelmehrheit aufheben müssen. Ein aussichtsloses Unterfangen, angesichts der Mehrheitsverhältnisse in den beiden Kongresskammern.

Der Vorgang wirft zudem ein schlechtes Licht auf die Ermittlungen. Die regierungskritische Tageszeitung Clarín hatte vergangenen Sonntag erstmals über die Existenz des Entwurfs berichtet. Regierung und Staatsanwaltschaft dementierten prompt. Am Montag zerriss Kabinettchef Jorge Capitanich in seiner allmorgendlichen Pressekonferenz vor den laufenden Kameras die entsprechenden Seiten der Clarín-Ausgabe. Nachdem Clarín ein Faksimile veröffentlichte, ruderte Staatsanwältin Fein zurück. Sie bestätigte den Fund im Mülleimer, räumte einen „unfreiwilligen Fehler“ ein und entschuldigte ihn mit einem Kommunikationsproblem.

Die Stimmungslage in Argentinien ist weiter extrem angespannt. Zwar haben die bisher veröffentlichten Untersuchungsergebnisse keine Belege für die Beteiligung einer oder mehrere fremden Personen geliefert, daran, dass der Staatsanwalt sich jedoch selbst erschossen hat, glaubt nur ein kleiner Teil der Bevölkerung.

Der 51-jährige Nisman war am 18. Januar erschossen in seiner Wohnung aufgefunden worden. Es ist unklar, ob es sich um eine Selbsttötung oder um einen Mord handelt. Als Sonderstaatsanwalt war Nisman seit 2004 für die Aufklärung des Anschlags auf das Gebäude des jüdischen Hilfswerks AMIA 1994 zuständig. Für den Anschlag mit 85 Toten macht die argentinische Justiz den Iran verantwortlich und internationale Haftbefehle gegen mehrere iranische Politiker erwirkt.

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