Kabinett will Früherkennung fördern: Ein Krebsregister für alle

Die Daten aller Krebskranken in Deutschland sollen künftig in einer Datenbank erfasst werden. Es soll regionale Register zusammenführen und die Krebs-Forschung erleichtern.

Patientin ins Gerät, Daten ins Register. Bild: dapd

BERLIN taz | Krebs soll schneller erkannt und besser therapiert werden können. Das ist das Ziel des sogenannten Krebsfrüherkennungs- und -registergesetzes. Einen entsprechenden Gesetzentwurf dazu hat das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedet. Das Gesetz soll für eine bundesweite zugängliche Datensammlung sorgen, die Aufschluss über die Verbreitung der verschiedenen Krebsarten und die Erfolge von Krebstherapien geben soll.

Dem Entwurf zufolge sollen die Bundesländer verpflichtet werden, in den Krankenhäusern klinische Krebsregister einzurichten. Ein einziges nationales Krebsregister indes ist laut Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nicht vorgesehen. „Die Daten sollen vor Ort genutzt werden“, sagte Bahr. Sie sollen Medizinern und Fachleuten sowie einer „breiten Öffentlichkeit“ anonym zur Verfügung stehen.

Grundlage für das Krebsregistergesetz ist der Nationale Krebsplan, den das Gesundheitsministerium und verschiedene Krebs-Organisationen 2008 beschlossen hatten. Zwar gibt es bereits etwa 50 regionale Krebsregister, hauptsächlich in den neuen Bundesländern. Die DDR führte seit 1952 ein nationales Krebsregister, das etwa 95 Prozent aller Fälle erfasste. Es existierte eine Meldepflicht. Heute wird die Datensammlung als gemeinsames Krebsregister für die neuen Länder und Berlin weitergeführt.

Wichtig ist nach Ansicht von Fachleuten eine bundesweite Datenbank, in dem das Wissen zu allen Krebserkrankungen und -patienten zusammenkomme. Dadurch könnten Therapien generell verbessert werden. So sei durch lokale Register erkannt worden, dass es bei Brustkrebs-Operationen nicht in jedem Fall nötig sei, alle Lymphknoten im Achselbereich zu entfernen, meint Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG). Ebenso sei jetzt klar, dass bei Darmkrebs die Heilungschancen mit einer Chemotherapie um 15 Prozent höher liegen als ohne diese Infusionen.

Gesundheitsminister Bahr nannte das Papier aus seinem Hause „richtungsweisend“: „Wir haben ein Gesetz gegen den Krebs auf den Weg gebracht.“ Krebs ist in Deutschland nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Jährlich erkranken 450.000 Menschen daran, 218.000 sterben. Das Robert-Koch-Institut erwartet für 2012 über 480.000 neue Fälle. Frauen erkranken am häufigsten an Brust- und Gebärmutterhalskrebs, Männer meist an Lungen- und an Prostatakrebs. An Darmkrebs erkranken etwa genauso viele Frauen wie Männer.

Belohnung für Vorsorgeuntersuchungen?

Der Gesetzentwurf sieht vor, Frauen und Männer künftig persönlich zu Früherkennungsuntersuchungen einzuladen – per Brief, der nach Hause kommt, unter anderem für Darm- und Gebärmutterhalskrebstests. Bislang gibt es ein solches Programm nur für die Brustkrebsvorsorge. Laut Gesetzentwurf könnten Krankenkassen dazu verpflichtet werden, die Frühtests für Darm- und Gebärmutterhalskrebs bereits in früheren Lebensjahren zu bezahlen. Zurzeit übernehmen die Kassen die Zahlungen für Darmkrebsvorsorgeuntersuchungen in der Regel ab dem 50. Lebensjahr.

Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn schlug vor, jene Versicherten zu belohnen, die regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. „Wir sollten darüber nachdenken, ob wir finanzielle Anreize setzen können, die Einladung anzunehmen“, sagte Spahn. Das wies Daniel Bahr zurück. „Die Früherkennung liegt in der Eigenverantwortung“, sagte der Minister. Es solle aber niemand in einem Krankheitsfall „Einbußen haben, weil er die Früherkennung nicht in Anspruch genommen hat“.

Die Deutsche Krebsgesellschaft sieht in der Vereinheitlichung und Ergänzung der bereits bestehenden Register einen Fortschritt. Die Krankenkassen hingegen kritisierten die Idee. „Verantwortung, Finanzierung und Nutzen“ stünden in „keinem angemessenen Verhältnis“, sagte Doris Pfeiffer, Vorstandschefin des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen. Bahr indes sieht für die Kassen einen finanziellen Vorteil: Werde Krebs früh erkannt, spare das Therapiekosten. Das sei gut für die Solidargemeinschaft.

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