Kampf gegen den Hunger in Afrika: Privatkapital gegen Unterernährung

Die G8 hat die „Neue Allianz für Ernährungssicherheit“ beschlossen. Als Folge werden Großinvestitionen in die afrikanische Landwirtschaft unterstützt – eine umstrittene Praxis.

Bauern auf einem vertrockneten Feld bei Blantyre in Malawi. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Afram-Ebene im Osten Ghanas ist eine der ärmsten Regionen des Landes. Große Teile davon liegen seit dem Bau des Volta-Staudamms unter Wasser; der Rest der „Afram Plains“ ist schlecht erschlossen und leidet unter einem Wechsel von Überschwemmungen und Dürre. Jetzt sind die „Afram Plains“ Nutznießer eines neuen Programms zur Förderung der Ernährungssicherheit in Afrika, das auf dem G-8-Gipfeltreffen am Wochenende in den USA beschlossen wurde.

Drei Milliarden Dollar feste Investitionszusagen gebe es bereits für die „New Alliance for Food und Nutrition Security“, verkündete G-8-Gastgeber Barack Obama. Mindestens 600 Millionen davon sollen nach Ghana fließen, gab Agrarminister Kwesi Ahwoi jetzt bekannt. Vier Regionen würden etwas abbekommen, darunter die Afram Plains.

Das, so Ahwoi, sei ein wichtiger Schritt zur Finanzierung des ghanaischen landwirtschaftlichen Fünfjahresplans – ein auf 1,5 Milliarden Dollar angelegtes Programm, zu dem auch die Weltbank beiträgt. Es geht um strategische Investitionen in Agrarsektoren, die Arbeitsplätze schaffen und zur Grundversorgung der Bevölkerung beitragen. Ghana, neuerdings Ölförderland, ist eine der schnellstwachsenden Volkswirtschaften der Welt, aber seine einst blühende Landwirtschaft ist schwer vernachlässigt.

Die Besonderheit der „Neuen Allianz für Ernährungssicherheit“ ist, dass sie für solche Programme afrikanisches Privatkapital mobilisiert, als Zusatz zur Entwicklungshilfe. Die Rechnung, immer wieder in UN-Statistiken vorgebracht, ist einfach: Rund eine Milliarde Menschen auf der Welt hungern, ein Drittel davon in Afrika, zugleich ein Drittel der afrikanischen Bevölkerung. Afrika hat doppelt so viel unbebautes Ackerland wie der Rest der Welt zusammen. Dessen Erschließung ist der Schlüssel zur globalen Hungerbekämpfung.

„Grow Africa“ lautet die Initiative am Ursprung der „Neuen Allianz“, zu der insgesamt 63 Privatunternehmen bereits Gelder zugesagt haben, 21 davon aus Afrika. Eines davon ist die nigerianische Dangote-Gruppe, deren Gründer und Haupteigentümer Aliko Dangote als der reichste Mann Afrikas gilt. Ursprünglich Zementfabrikant in Nigeria, ist Dangote jetzt in vielen Ländern Afrikas tätig.

Zusammenarbeit von Kleinbauern und Großunternehmer

Auf einem großen „Grow Africa“-Investitionsforum in Äthiopien am 9. Mai erklärte Dangote, Afrika brauche „Führer, die Regierungen wie ein Unternehmen leiten, aber mit menschlichem Gesicht“. Zu diesem Anlass wurde auch die Landwirtschaft als prioritärer Investitionssektor definiert. Hauptprojekt derzeit – mit 30 Millionen Dollar – ist der „Southern Agricultural Growth Corridor“ in Tansania, bei dem Kleinbauern und Großunternehmer zusammenarbeiten sollen.

Zum Launch der „Neuen Allianz“ in den USA kamen im Vorfeld des G-8-Gipfels die Präsidenten von Tansania, Äthiopien und Ghana nach Washington. Diese drei Länder gelten als Pilotländer. Ob die betroffenen Bauern mit am Tisch sitzen, ist allerdings nicht klar. Einer der Hauptinvestoren in Tansania ist der Agrarkonzern Monsanto, der wegen seiner Entwicklung genmanipulierten und patentierten Saatguts in der Kritik steht.

Die größten Investitionspläne, in Milliardenhöhe, haben Syngenta (Schweiz) und Yara (Norwegen) vorgelegt: es geht um verbessertes Saatgut und Dünger. Die US-Hilfswerk „Action Aid“ merkt dazu an, dass Kleinbauern 90 Prozent der Lebensmittel in Afrika produzieren, aber bei Großinvestitionen oft außen vor bleiben, in finanzielle Abhängigkeit getrieben oder physisch verdrängt werden.

Das könnte auch in Teilen der Afram Plains ein Problem werden, wo – wie vielerorts in Afrika – traditionelle Könige formell das Land besitzen und die Kleinbauern nichts zu sagen haben. Medienberichten zufolge haben rivalisierende traditionelle Führer der Region die gleichen fruchtbaren Ländereien schon an Firmen aus Nigeria und Südafrika verkauft.

Mitarbeit: Masahudu Kunateh, Accra

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