Kieler Camp soll verschwinden: Grüner will Occupy räumen

Der Kieler Bürgermeister Peter Todeskino hat die Platz-Besetzer aufgefordert, bis zum 1. September zu gehen. Diese kündigen friedlichen Widerstand an.

Am 1. September hat sichs in Kiel ausgezeltet - wenn es nach Bürgermeister Todeskino von den Grünen geht. Bild: Arne Schrader

HAMBURG taz | Der Kieler Bürgermeister Peter Todeskino von den Grünen hat die Occupy-Bewegung gebeten, ihr Camp in Kiel bis zum 1. September zu räumen. Der Platz zwischen Sparkasse, Deutscher Bank und HSH Nordbank werde anderen Kielern entzogen, sagte Todeskino. Das könne kein Dauerzustand sein. Occupy kündigte an, sich einer Räumung „friedlich widersetzen“ zu wollen. Im allein von der SPD regierten Hamburg wird das Protestcamp vor der örtlichen Niederlassung der HSH Nordbank weiter toleriert.

Die Camps in Hamburg und Kiel entstanden wie in einigen anderen deutschen Städten im Oktober vergangenen Jahres in Anlehnung an den Protest „Occupy Wallstreet“ in New York City. Aus Demonstrationen gegen den entfesselten Finanzkapitalismus wurden kleine Zeltlager vor prominenten Banken. Der Protest wendet sich gegen eine als ungerecht empfundene Wirtschaftsordnung und gegen soziale Ungleichheit.

In Kiel schlafen nach Auskunft von Occupy rund 20 Menschen in dem fest installierten Camp. Dazu kommen rund 50 UnterstützerInnen. Bürgermeister Todeskino findet, die Besetzer hätten genug Zeit gehabt, für ihre Argumente zu werben. Zu diesem Zweck auf der Wiese am Lorentzendamm zu zelten, sei zwar geduldet worden. Das heiße aber nicht, dass das Camp zu einer Dauereinrichtung werden könne. Wer wolle anderen Bürgern verwehren, auf öffentlichen Flächen zu zelten, wenn das den Occupy-Leuten erlaubt werde, fragt Stadtsprecher Arne Gloy.

Occupy ist eine internationale Protestbewegung, die von der Finanzkrise ausgelöst wurde. Vorbild waren die Proteste des Arabischen Frühlings.

Zu den Forderungen der Kieler Occupy-AktivistInnen gehört die Abschaffung aller Schuldenbremsen, weil sie nur mehr Sozialabbau und Ungleichheit bedeuteten. Dafür sollten die Vermögenden stärker besteuert werden. Insgesamt sei der Kapitalismus als gescheitert anzusehen.

Todeskino, der Name des Bürgermeisters, hat nichts mit Hollywood und Kollateralschäden zu tun. Der Name hat sich aus dem italienischen "todeschino" entwickelt, was so viel heißt wie: "der Deutsche" oder der "kleine Deutsche" - durchaus auch im abwertenden Sinn.

„Es geht nicht darum, dass Herr Todeskino die Ziele schlecht findet“, versichert Gloy. Es gehe lediglich darum, dass hier eine öffentliche Fläche zu Unrecht in Beschlag genommen werde. Eine Frist bis zum 1. September zu setzen und nicht etwa bis zum 1. August sei doch fair. „Insgesamt haben Sie durch Ihre Aktion schon viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommen, viele Menschen erreicht und wichtige Kontakte geknüpft, was sicherlich für Sie ein großer Erfolg ist“, tröstet Todeskino in seiner Räumungsaufforderung.

Die Occupy-Leute wollen trotzdem bleiben. „Wenn die uns räumen, sind wir halt am nächsten Tag wieder hier“, sagt der Aktivist Merlin Nitsch. „Dann kann von mir aus das ganze Spiel von Neuem beginnen.“ Dafür baten die Besetzer um die „Solidarität und Unterstützung aller KielerInnen und aller linken Gruppierungen“.

Todeskino verweist auch auf zwei Brände, die im Kieler Camp ausgebrochen sind und die damit verbundene „Gefahrenlage“. Wie Jacob Reichel vom Camp berichtet, hat in der vergangenen Woche ein Betrunkener ein Zelt angesteckt. Zuvor hatten Ende Mai das Eingangs-, Haupt- und Versorgungszelt gebrannt – warum ist unklar. Stadtsprecher Gloy kann nichts dazu sagen, die Polizei war bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen. Die Besetzer werfen ihr „halbherzige Ermittlungen“ vor.

Das Hamburger Camp gilt bis Januar als „Versammlung“, seither existiert es auf Basis einer Sondernutzungsgenehmigung des Bezirksamtes Mitte. Nach Auskunft des Amtes sind die Besetzer bereit zu Kompromissen. „Zum Weihnachtsmarkt sind sie umgezogen“, sagt Bezirksamtssprecher Lars Schmidt-von Koss. Occupy habe bloß einen Stand dort gehabt und danach seine Zelte wieder aufgeschlagen. An der Tolerierung des Camps werde sich bis auf Weiteres nichts ändern.

Im Hamburger Camp engagieren sich seit Beginn der Platzbesetzung nach Occupy-Angaben rund 50 Aktive. Am Wochenende versuchten sie durch ein Festival, das „Endless Summer Camp“, weitere MitstreiterInnen zu gewinnen – mit mäßigem Erfolg. Für Ende August planen sie ein weiters Festival.

Die Hamburger CDU-Fraktion stichelt gegen das Camp: In einer Anfrage will sie wissen, ob die Besetzung die Einkaufs- und Lebensqualität in der Innenstadt verbessere.

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