Kindheitsgefühle an Weihnachten: Advent, ich glaub es brennt!

Ist es schlimm, als Studentin immer noch einen Adventskalender von den Eltern zu bekommen? Und wie lange soll das noch so gehen?

Adventskalender: Socken mit Nummern in denen Süßigkeiten stecken

Wann ist man schon zu alt, um sich zu freuen? Foto: dpa

HAMBURG taz | Adventszeit ist Familienzeit. Ich bin schon seit vier Jahren zuhause ausgezogen, aber bekomme von meiner Mutter immer noch einen eigens befüllten Adventskalender – und ich freue mich jedes Mal wieder wie ein kleines Kind.

Bis zu diesem Jahr habe ich das gar nicht in Frage gestellt. Dann habe ich mit Carla gesprochen – einer Freundin, die schon seit Jahren ihrer Mutter einen Adventskalender macht. Sie versteht nicht, dass ich mit 22 Jahren noch einen von meinen Eltern kriege, und dann auch noch einen Selbstgemachten. Ich wohne schließlich nicht mehr zuhause und bin auch kein Kind mehr.

Wenn ich meine Freunde frage, dann geht es dem Großteil wie mir: Ja klar kriege man noch einen Kalender – weil man sich halt darüber freut. Die Frage „Wie lang denn noch?“ wird lachend beantwortet mit „Bis ich sterbe“ oder „So lange ich will“.

Manche werden bei dem Thema auch nachdenklich. „Gehört bei uns zu den Ritualen, und es ist meiner Schwester und mir ziemlich wichtig“, sagt die 25-jährige Claudia. „Wie lange ich noch einen bekomme, weiß ich nicht, vermutlich nicht mehr ewig.“ Das ist schon eine realistischere Einstellung.

Ich gucke kritisch auf die anderen, doch genieße meine eigenen kleinen Geschenke jeden Morgen ohne schlechtem Gewissen. Bin ich nicht eigentlich zu alt für so etwas? Die Schokolade, Drogerieartikel und Socken, die in den Säckchen stecken, könnte ich mir auch selber leisten.

Kindsein dauert bis zum Tod der Eltern

Wann hört „Kind sein“ denn auf? Offiziell gibt es international keine Einigkeit, wann man volljährig ist. Der Duden definiert „volljährig“ als „so alt, wie es für die Mündigkeit erforderlich ist“ – als Synonym steht dort „erwachsen“. Weltweit schwankt das zwischen 16 und 21 Jahren. Darüber bin ich auf jeden Fall schon hinaus.

Die Psychologin Heike Buhl von der Uni Paderborn leitet das Forschungsprojekt „Familie – Erwachsene – Eltern“. Sie beschäftigt sich mit der Frage: Werden wir je erwachsen?

Sie sagt: „Um ‚die Kindheit‘ geht es ja nicht, sondern um das Kindsein in der Beziehung zu den Eltern – und das dauert mindestens bis zum Tod der Eltern.“

Also ist es okay, noch mit 22 einen Adventskalender zu bekommen. „Und wer sagt auch, dass nur Kinder Adventskalender bekommen“, sagt Buhl. „Viele bekommen ja auch gerne einen von dem/der PartnerIn.“

Mehr Kindheitserinnerungen an Weihnachten lesen Sie im aktuellen Wochenendschwerpunkt der taz.nord oder am E-Kiosk.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.