Kino-Kette klagt gegen Filmförderung: Film als Ware oder Kultur

Eine Kinokette wehrt sich dagegen, für die Filmförderung zu zahlen. Die Bundesregierung will deutsche Produktionen weiter vor US-Konkurrenz schützen.

Freizeitvergnügen Kino – wer ist zuständig: Kultur oder Wirtschaft? Bild: dpa

KARLSRUHE taz | „Wir sind nicht gegen kulturelle Filmförderung“, betonte Claus Binder, Anwalt der Kinokette UCI, „wenn sie aus Steuermitteln finanziert wird – aber wir wollen nicht dafür bezahlen.“ Deutsche Kinos seien schließlich Wirtschaftsunternehmen „und keine studentischen Filmclubs“.

An diesem Dienstag verhandelte das Bundesverfassungsgericht über die Klage von UCI gegen das deutsche Filmförderungsgesetz. Danach sind alle Kinos verpflichtet, 1,8 bis 3 Prozent ihrer Einnahmen als Filmabgabe an die deutsche Filmförderungsanstalt zu entrichten.

Zusammen mit Beiträgen der Videowirtschaft und der Fernsehsender kommt dort ein Jahresbudget von rund 70 Millionen Euro zusammen, mit dem unter anderem rund 100 deutsche Filme pro Jahr unterstützt werden. Der Zuschuss zu den Produktionskosten beträgt dabei knapp 7 Prozent.

Die UCI-Klage wurde von anderen Kinounternehmen nicht unterstützt, in Karlsruhe aber umso fulminanter vorgetragen. „70 Prozent der geförderten Filme will kein Mensch sehen, an deren Förderung haben wir als Kinobetreiber kein Interesse“, betonte UCI-Geschäftsführer Ralf Schilling.

Die anderen geförderten Filme würden zwar auch in UCI-Kinos gezeigt, „aber diese erfolgreichen Filme wären auch ohne Förderung gedreht worden“, so Schilling, „für die Produzenten sind das reine Mitnahmeeffekte.“ Wenn es keine deutschen Kinofilme mehr gebe, dann würden eben mehr US-Filme angesehen.

„Den Zuschauern ist die Herkunft des Films egal“, so Schilling. UCI unterhält in Deutschland 23 Kinos mit 200 Sälen und hält einen Marktanteil von rund 6 Prozent.

Bund ist für Kultur nicht zuständig

Verfassungsrechtlich spitzt UCI die Argumentation auf zwei Punkte zu. Weil die Filmförderung im Kern kulturell und nicht ökonomisch begründet sei, könnten nur die Länder eine Filmabgabe beschließen. Das entsprechende Bundesgesetz sei deshalb verfassungswidrig. Als Sonderabgabe sei die Filmabgabe auch nur zulässig, wenn sie „gruppennützig“ im Interesse der Zahler verwendet werde.

„Wir haben aber nichts von Filmen, die nur für Festivals und die Fernsehverwertung gedreht werden“, betonte der UCI-Geschäftsführer.

Dagegen verteidigte die Bundesregierung die Filmabgabe. Sie stelle einen „Damm gegen die Verdrängung des deutschen Films dar“, erklärte Günter Winands vom Kulturbeauftragten der Bundesregierung. Die US-Filmwirtschaft habe mit ihrem großen Heimatmarkt einen Vorteil, der ausgeglichen werden müsse. 2012 hatten US-Filme in Deutschland einen Marktanteil von 61 Prozent, deutsche Filme erreichten 18 Prozent der Zuschauer.

Erfolg wird angstrebt

„Die Filmförderung ist Wirtschaftsförderung“, betonte Rechtsprofessor Martin Eifert für die Bundesregierung. Die Filmwirtschaft werde zwar gefördert, weil sie kulturell wichtig sei, „aber es ist erst mal ein Wirtschaftszweig, die Fernziele bleiben außer Betracht“.

Auch wenn viele Filme kommerziell nicht erfolgreich seien, werde der Erfolg doch immer angestrebt. „Man muss 90 Prozent Misserfolge in Kauf nehmen, um mit 10 Prozent der Filme Erfolg zu haben“, so Eifert. Das bestätigte auch der Filmproduzent Georg Feil, der als Sachverständiger geladen war: „Erfolg ist bei Kulturprodukten nicht planbar.“

Die Richter scheinen die Klage im Kern ablehnen zu wollen. Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, vermutete, niveauvolle deutsche Filme könnten den Kinos auch neue Besucherschichten zuführen, also eine ökonomische Funktion haben.

So würden die Kinos zu Orten, „an denen sich die bürgerliche Gesellschaft trifft“. Das Urteil wird in einigen Monaten verkündet.

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