Klimaskeptiker in Australien: Regierung setzt auf Kohle

Klimawissenschaften sind in Australien dramatisch unterbesetzt. Die „klimaskeptische“ Regierung trägt zum Expertenmangel bei.

Küge auf der Weide, im Hintergrund ein Kohlkraftwerk

Kohlekraftwerk in Darling Downs im australischen Queensland Foto: imago/UIG

CANBERRA taz | Ein seit Jahren laufender Abbau von Kapazitäten bei klimarelevanten Forschungsinstituten in Australien hat zu einer bedrohlichen Unterversorgung mit Klimadaten geführt. Zu diesem Schluss kommt die australische Akademie der Wissenschaften.

Als eines der trockensten Länder der Welt ist Australien schon heute besonders stark von Klimaveränderung betroffen. Waldbrände, Überschwemmungen und verheerende Wirbelstürme zeugen jedes Jahr deutlicher von der Verschlechterung der Klimasituation. Wie die oberste wissenschaftliche Organisation des Landes in einer neuen Studie schreibt, laufen die australische Landwirtschaft sowie von Klimaveränderung bedrohte Gemeinden Gefahr, künftig keine aktuellen, auf die spezifische Situation zugeschnittene Klima- und Wetterdaten mehr zu erhalten.

Laut der Organisation müssten mindestens 77 Stellen besetzt werden, um eine Versorgung mit aktuellen Daten garantieren zu können. Auch an wissenschaftlicher Infrastruktur fehle es.

Die Studie wurde 2016 begonnen, nachdem die konservative Regierung erklärt hatte, am staatlichen Forschungsinstitut CSIRO 100 Stellen streichen zu wollen. Ziel müsse sein, so der neue Direktor damals, dass sich das renommierte Institut mehr auf „kommerzielle Lösungen“ für das Klimaproblem konzentriere statt auf Forschung. Trotz heftiger Proteste wurden etwa 40 Klimaforscher entlassen, unter ihnen weltweit führende Experten. Kritiker sprachen von einer „Säuberungsaktion“.

Seit 2013 die konservative Koalitionsregierung unter Pre­mier­minister Tony Abbott an die Macht gekommen ist, dominieren Klimawandelskeptiker die Politik. Eine erfolgreiche Klimasteuer strich Abbott ersatzlos, ebenso eine kleine Abgabe auf die hohen Gewinne der Rohstoffindustrie. Erneuerbaren Energieformen machte die Regierung den Garaus – mit fatalen Folgen: Investitionen in diesen zuvor erfolgreichen Sektor brachen zeitweise um 80 Prozent ein. Und das, obwohl in der australischen Öffentlichkeit großes Interesse an alternativen Stromquellen wie Wind und Solar besteht.

Kampagne der Klimaskeptiker

Auch unter Abbotts Nachfolger, dem einst als progressiv geltenden Premierminister Malcolm Turnbull, haben die konservativen und klimawandelskeptischen Kräfte in der Regierung die Oberhand. Laut John Roskam, dem Vorsitzenden der neoliberalen Denkfa­brik Institute of Public Affairs (IPA), sind auch heute noch „mehr als 50 Prozent“ aller Abgeordneten der Regierung „solide Klimaskeptiker“. IPA ist eine von mehreren Organisationen, die im Duett mit den marktbeherrschenden Zeitungen des ultrakonservativen Medienzaren Rupert Murdoch die Glaubwürdigkeit der Klimawissenschaften in der Öffentlichkeit zu unterwandern versuchen.

Von der Taktik profitiert in erster Linie die politisch einflussreiche Kohleindustrie. Selbst oberste Vertreter der Regierung wie Schatzkanzler Scott Morrison setzen sich aktiv für den Ausbau der Kohleindus­trie ein. Kohle ist eines der wichtigsten Exportprodukte Australiens, aber der fossile Rohstoff ist auch eine der Hauptquellen von klimaschädigendem CO2 in der Atmosphäre. Forscher sagen, nur die Beendigung der Förderung von Kohle im Verlauf der ­nächsten zwei Jahrzehnte könnte eine Eskalation der Klimaveränderung noch stoppen. Trotzdem ist im Bundesstaat Queensland der Bau einer der größten Kohleminen der Welt geplant.

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