Kohlekompromiss und die Folgen: „Hambi“ noch lange nicht gerettet

Nach dem Kohlekompromiss droht RWE mit Stellenabbau. Umweltschützer befürchten, dass der Forst nun aus Frust heimlich abgeholzt wird.

Ein Baum im Hambacher Forst, in dessen Rinde "Hambi bleibt" geritzt ist

Aus Frust an den Forst? Foto: dpa

DÜSSELDORF taz | Nach dem Kompromiss der Kohlekommission der Bundesregierung sorgen sich Um­welt­schützer*innen weiter um den vom Braunkohle-Tagebau bedrohten Hambacher Wald. „Hier vor Ort besteht die Gefahr, dass militante Braunkohle-Befürworter aus Frust über befürchtete Arbeitsplatzverluste den Wald zerstören“, sagte Antje Grothus, die für die Anwohner*innen-Initiative „Buirer für Buir“ Mitglied der Kommission ist, der taz. „Schon heute kursiert ein Aufruf im Internet, den Wald schnell und heimlich abzuholzen.“

„Es ist deshalb wichtig, dass weiter Menschen hier sind“, sagt Grothus. Sie meint die Ak­ti­vist*innen, die den Hambacher Wald nach seiner polizeilichen Räumung im September erneut besetzt haben. Es sei aber eigentlich Aufgabe der schwarz-gelben Landesregierung Nordrhein-Westfalens, weitere Zerstörung zu verhindern. Mittelfristig könne dies auch mit einer rund um die Uhr mit Förstern oder Umweltschützern besetzten Waldstation gewährleistet werden.

Die Kohlekommission hatte am Samstagmorgen verkündet, dass das letzte deutsche Kohlekraftwerk aus Klimaschutzgründen möglichst 2035, spätestens 2038 vom Netz gehen soll. Klimaforscher wie Mojib Latif vom Kieler Helmholtz-Zentrum halten das jedoch für nicht ausreichend, um die Pariser Klimaschutzziele einzuhalten.

In dem 336-seitigen Papier der Kommission heißt es außerdem, es sei „wünschenswert, dass der Hambacher Forst erhalten bleibt“. Zur Kompensation der aktuell an der Braunkohle hängenden 60.000 Arbeitsplätze bundesweit werden den Kohle-Förderländern NRW, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg Strukturhilfen von 40 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

„RWE muss die Abrissbirne zurückziehen“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kündigte an, die Vorschläge „sorgfältig und konstruktiv“ zu prüfen“. Nötig sei jetzt „eine ganze Reihe von Gesetzen“ – denn verbindlich festgeschrieben ist mit dem Kommissions-Votum weder ein genauer Abschalttermin einzelner Kraftwerke noch ein Ende der Umsiedlungen, die mit der Zerstörung ganzer Dörfer für die Braunkohletagebaue nötig sind. Ein „genauer Zeitplan“ existiere noch nicht, sagte ein Sprecher Altmaiers der taz.

Immerhin: In NRW denkt selbst der Chef des Braunkohleverstromers RWE über den Erhalt des Hambacher Waldes nach. „Wir werden prüfen, was sinnvoll machbar ist“, sagte der Vorstandsvorsitzende Rolf Schmitz der Rheinischen Postund kündigte gleichzeitig „signifikante“ Jobverluste „bereits bis 2023“ an.

Umweltschützer wie Nordrhein-Westfalens BUND-Sprecher Dirk Jansen fordern dagegen den „sofortigen Stopp“ aller Rodungen und Dorfzerstörungen. „RWE muss die Abrissbirnen zurückziehen“, sagt Jansen. Allein im Rheinischen Revier könnten bis 2022 alte Kraftwerke mit einer Leistung von 3,1 Gigawatt abgeschaltet werden. „Damit könnten die Tagebaue weiterbetrieben werden, ohne ein einziges Dorf oder den Hambacher Wald anzutasten.“

Das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ und die Klimaschützer von „Ende Gelände“ kündigten neue Proteste an. „Aus Sicht der Dörfer ist die Kohlekommission gescheitert“, sagt Marita Dresen aus Kuckum: „Für uns steht weiterhin alles auf dem Spiel.“

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