Kolumne Hosen runter: Kolumnieren, menstruieren

Tagelang fließen Blut und Tränen und die Männer kriegen's ab. Das liegt nicht nur daran, dass sie von diesem Übel verschont werden.

Eine Frau beugt sich im Sitzen über ihre Knie nach vorn

Aua! Der Unterleib zerbricht Foto: John Dow / photocase

Diese Kolumne erscheint so monatlich wie möglich. Da ist sie nicht die einzige, weil ich auch so monatlich wie möglich menstruiere. Dass die einen Tage mit den anderen zusammenfallen, liegt vielleicht daran, dass es sich so schön reimt: Kolumnieren, menstruieren, kolumnieren, menstruieren.

Ein Teufelskreislauf, in dem Blut und Tränen fließen, aber durch die Synchronität der beiden Ereignisse ist der Schmerz beim Schreiben irgendwie ehrlicher: Schließlich zerbricht der Unterleib und nicht nur der Kopf. Andererseits macht es halt alles auch komplizierter. Die HORMONE, Sie wissen schon. (Die Stuckrad-Barre’sche Großschreibung ist das einzige Vergnügen, das ich denen hier gönne, versprochen.)

Aber ich will gar nicht klagen. Denn erstens bemühen sich Menschen auf der ganzen Welt nach Kräften, alternative Methoden gegen Regelschmerzen zu entwickeln, jüngst zum Beispiel Cannabiszäpfchen. (Erhältlich leider nur in Kalifornien und Colorado.) Oder ein iPod-ähnliches Gerät namens „Livia“, bei dem zwei auf den Bauch geklebte Elektroden Impulse aussenden, die den Schmerz ausschalten sollen. (Erhältlich leider erst ab Herbst.)

Und zweitens klagen andere schon genug. Dabei lassen sich grundsätzlich zwei Haltungen unterscheiden. Die eine richtet sich von Frauen an Frauen und ist geprägt von Mitleid, Verständnis und Empathie. Die andere richtet sich von Frauen an Männer und ist geprägt von Hass. Dass die von diesem Übel verschont bleiben! Und uns dann nicht mal ernst nehmen! Die haben doch keine Ahnung.

Haben sie auch nicht. Aber ist das Grund genug, ihnen deshalb zum Ausgleich verbal in die Eier zu treten? Wie diese Autorin der Vice: „Vielleicht wurdet ihr mal von einem Krokodil angefallen, wart im Krieg oder habt euch einen Splitter eingetreten. Aber seid ehrlich, Männer: Gab es jemals einen Moment, in dem ihr das Gefühl hattet, dass sich eine Horde Maulwürfe auf Speed einmal durch euren Unterleib gräbt?“

Klar, das ist nur Satire, und die darf ja bekanntlich alles, aber das Treten nach unten ist echt. Unten, das ist da, wo die Nichtsblicker sind, die Heulsusen, die Typen, wegen denen Facebookseiten wie „Wenn Männer Regelschmerzen hätten, würden sie sterben!“ gegründet wurden. Die Männer, die sonst immer oben sind: mehr Macht, mehr Geld, mehr alles.

Kann man so machen. Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit. In meiner Jugend, als ich mich den Schmerzen, der Lust auf Süßes und der schlechten Laune fassungslos ausgeliefert fühlte, sagte meine Mutter irgendwann: „Du kannst eh nichts ändern. Finde dich damit ab, dass du es nicht beeinflussen kannst. Es geht schon irgendwann von alleine wieder weg.“

Hört sich platt an, ich weiß. Wie ein Kalenderspruch für Vaginas. Oder Menstruations-Yoga. Oder Achtsamkeitsbluten. Aber Fakt ist: Schlimme Situationen, die man eh nicht ändern kann, lassen sich besser ertragen, wenn man sich damit abfindet. Wenn wir den Männern etwas voraus haben, dann das: Lässigkeit. Und wer bekommt schon zwölfmal im Jahr eine kostenlose Fortbildung? Eben.

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Jahrgang 1984, Redakteurin der taz am wochenende. Bücher: „Rattatatam, mein Herz – Vom Leben mit der Angst“ (2018, KiWi). „Theo weiß, was er will“ (2016, Carlsen). „Müslimädchen – Mein Trauma vom gesunden Leben“ (2013, Lübbe).

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