Kolumne Kann man das essen?: Faulige Fische

In Schweden gilt stinkender Hering als Delikatesse. Angeblich. Unsere Autorin wollte den Surströmming auch mal probieren.

Ob auch Angela Merkel während des Schwedenbesuchs im Juni Surströmming essen musste? Sie guckt jedenfalls so. Bild: dpa

Wenn British Airways und Air France verbieten, ein Gericht im Flugzeug zu transportieren, weil es explodieren könnte – dann klingt das vielversprechend.

Surströmming ist ein schwedisches Nationalgericht – fauliger, stinkender, fermentierter Hering in der Dose. Als mein Cousin in Schweden heiratete, wurde es nicht serviert. Aber ich wollte es trotzdem probieren.

Die traditionelle Verkaufszeit beginnt am dritten Donnerstag im August. Davor liegt der Hering acht Wochen lang in einer Salzlösung und vergammelt. Etwa einen Monat vor der Verkostung wird er in Dosen umgefüllt – wo er weitergärt. Deshalb wölben sich die Deckel von Surströmming-Dosen so stark.

Dass sie explodieren können, ist allerdings ein Mythos. Ich habe mehrere davon im Flugzeug nach Deutschland transportiert. Sie sind heil geblieben. Zum Glück. Denn der Gestank, der entweicht, wenn man die Dose öffnet, ist wirklich entsetzlich. Wie in einer Toilette auf der Autobahnraststätte.

Wir haben uns draußen hingesetzt und die Dose unter Wasser geöffnet, dennoch hat sich der Geruch durch die doppelte Balkontür in der Wohnung ausgebreitet. Angeblich wurde in Deutschland einer Mieterin 1981 fristlos gekündigt, weil sie an Weihnachten im Treppenhaus und im Garten Surströmmingbrühe verspritzt hat. Das Landgericht Köln erkannte die Kündigung an, nachdem in der Verhandlung eine Dose Surströmming geöffnet wurde. So steht es im Internet, und ich glaube jedes Wort. Kann diese vermeintliche Delikatesse so schlecht schmecken, wie sie riecht? Tapfer belegen wir Weißbrot mit roten Zwiebeln, Tomaten, saurer Sahne – und mit Surströmming. Und beißen ab.

Noch Stunden später brennt der weiche, sich zersetzende, sauer-salzige Albtraum auf der Zunge und der Geruch im Hirn. Egal, was passiert, Saison hin oder her – die Dose nicht öffnen!

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Jahrgang 1973. Hat nach einer Verlagsbuchhändlerausbildung und Stationen in Hamburg, München und New York Literaturwissenschaft, Publizistik und Kulturwissenschaften in Berlin studiert und bei der Netzeitung gearbeitet. Seit 2008 ist sie bei taz.de und hat 2013 die Leitung des Ressorts zusammen mit Frauke Böger übernommen. Sie schreibt über Medien-, Gesellschaft- und Kulturthemen. Im Mai 2012 erhielt sie den Emma-Journalistinnenpreis für ihre Reportage über die Berliner Macchiato-Mütter.

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