Kolumne Liebeserklärung: Pirelli goes Gegenwart

Pirelli lichtet für den Kalender 2018 ausschließlich People of Color ab. Das Unternehmen will damit nur Geld verdienen? Lasst es doch!

Ein Anfang, Pirelli, immerhin Foto: Tom

Bisher lief das so: Top-Fotografen lichten Top-Stars ab. Alle weiß, alle dünn, alle Models. Der Pirelli-Kalender war lange nicht unbedingt Vorreiter in Sachen Diversity. Die Bilder sind bekannt: Gisele Bündchen, die sich, ölig wie eine Sardine, das Höschen zurecht rückt. Oder Cindy Crawford, die sich gänzlich unbekleidet um einen Kettenvorhang wickelt.

Neuerdings aber gibt sich Pirelli anders. Am Mittwoch stellte der italienische Reifenhersteller seinen neuen Kalender für 2018 vor. Die Models: ausschließlich People of Color. Das Motto: Alice im Wunderland. Im surrealistischen Märchenstil posieren zum Beispiel Schauspielerin Whoopi Goldberg, Feministin Adwoa Aboah und Drag-Queen RuPaul. Sogar der ein oder andere männliche Statist taucht auf.

Kostümiert wurden alle vom neuen Chefredakteur der britischen Vogue, Edward Enninful; dem ersten dunkelhäutigen Mann an der Spitze eines britischen Modemagazins. Geknipst hat die Bilder der Modefotograf Tim Walker. „Die Geschichte von Alice ist so oft und auf so unterschiedliche Weisen erzählt worden“, erklärt er in der New York Times – „aber immer mit weißer Besetzung.“

Eben jene Zeitung attestiert dem Kalender denn auch eine „Transformation vom gehobenen Porno-Sammlerstück zum kulturellen Barometer“. Schon in den vergangenen beiden Jahren hatte sich Pirelli in Richtung Zeitgeist bewegt. 2016 fotografierte Annie Leibovitz Frauen, die für mehr bekannt sind, als Brust und Hintern: Tennisspielerin Serena Williams etwa, oder Künstlerin Yoko Ono. Vergangenes Jahr überraschte Peter Lindbergh mit No-Make-Up-Fotos von Helen Mirren und Nicole Kidman – mit Klamotten.

„Maaarketing!“, „Pures Kalküüüül!“, alarmiert nun die kritische Stimme im Kopf. „So what?“, ist man gewillt zu antworten. Mit Sicherheit zielt die Diversity-Offensive auf Aufmerksamkeit und Profit. So weit, so wenig überraschend bei einem Reifenunternehmen. Der Ansatz bleibt trotzdem richtig: Pirelli goes Gegenwart. Vielleicht werden dann ja bald auch Männer abgebildet – nicht nur als schmückendes Beiwerk.

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