Kolumne Liebeserklärung: Regieren ist doch was fürs linke Herz

Thüringens rot-rot-grüne Landesregierung schafft die V-Leute ab. Davon können ihre Kollegen im Bund was lernen. Dafür einen Handkuss.

Applaus, Verbeugung: Ministerpräsident Bodo Ramelow. Bild: dpa

Viele Linke fänden es ganz schön, irgendwann einmal mitzuregieren. Nicht zu regieren finden sie aber noch viel schöner. Keine Kompromisse, keine Krawatten, keine Sparzwänge: In der Opposition fühlen sich Teile der Linkspartei am wohlsten; und noch ein wenig wohler wird ihnen, wenn sie nach Thüringen schauen.

Seit seinem Amtsantritt verbringt Linke-Ministerpräsident Bodo Ramelow dort den Großteil des Tages damit, Investoren davon zu überzeugen, in Erfurt neue Hotels und im Umland neue Fabriken zu bauen. Wahlkampfhits wie kostenlose Kindergärten muss Rot-Rot-Grün dagegen aller Voraussicht nach aufschieben: Das Geld reicht nicht.

Das Regieren ist nichts fürs linke Herz, da ist also was dran. Wenn die Genossen in dieser Woche von Berlin nach Thüringen geschaut haben, muss ihnen aber noch etwas anderes aufgefallen sein: Dass eine linke Regierung doch nicht nur Hotels plant, sondern im Zweifel auch den entscheidenden Unterschied ausmachen kann.

Im Bund brachte die Große Koalition am Mittwoch die Reform des Verfassungsschutz auf den Weg. V-Leute (Geheimdienstspitzel also, die die NSU-Mordserie womöglich begünstigten, zumindest aber nicht verhinderten) dürfen im Dienst künftig Straftaten begehen. Die Bundesregierung führt den staatlich geprüften Hitlergruß ein.

In Erfurt hatte Ramelows Regierung kurz zuvor ebenfalls eine Verfassungsschutzreform in die Wege geleitet. Den Hitlergruß genehmigt die Landesregierung aber nicht. Sie schafft das V-Leute-System (dass, wir erinnern uns, die NSU-Mordserie womöglich begünstigte, zumindest aber nicht verhinderte) einfach ab.

Liebe Thüringer Linke: Regieren ist mühsam. Aber manchmal lohnt es sich doch. Danke für den Beweis.

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