Kommentar AKK und Europapolitik: Die Verbayerung der CDU

Die CDU-Chefin nutzt den Europa-Wahlkampf zur parteipolitischen Profilierung. Das rückt die Union europapolitisch nach rechts.

Porträt Kramp-Karrenbauer

Europa wird zur Profilierungshilfe Foto: reuters

CDU und CSU sind in der Europapolitik gerade sehr stolz auf sich selbst. Allein die Tatsache, dass beide Parteien es geschafft haben, sich auf ein gemeinsames Programm für die Europawahl zu einigen, wird als großer Erfolg verkauft. „Es fühlt sich wieder richtig gut an“, jubelt der CSU-Vorsitzende Markus Söder. Aber was heißt in dem Fall „richtig gut“?

Die neue Einigkeit ist nämlich keine gute Nachricht für Europa, sondern eine schlechte. In der Union setzt sich gerade der rückwärtsgewandte Impuls durch. Die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nutzt die Europapolitik offensiv, um sich und ihre Partei konservativ zu profilieren. Und die Akzente, die sie setzt, lassen tief blicken.

So lehnt Kramp-Karrenbauer zum Beispiel europäische Mindestlöhne strikt ab. Auch ein Eurozonen-Haushalt, ein zentrale Forderung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, stößt bei ihr auf wenig Gegenliebe. Und wenn sie dafür plädiert, dass die „intergouvernementale Methode“ und die „Gemeinschaftsmethode“ gleichberechtigte Säulen sein müssten, bedeutet das eine schwächere EU. Bei der ersten Methode entscheiden einzelne Regierungen am Europaparlament vorbei, bei der zweiten entscheidet das Parlament selbst. Kramp-Karrenbauer will mehr Hinterzimmer, nicht weniger.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass die CSU gegen den Europakurs von Kanzlerin Angela Merkel rebellierte, etwa als es um die sogenannte Flüchtlingskrise ging. Künftig läuft es mehr im Sinne der Bayern – auch deshalb herrscht Harmonie. Es ist kein Zufall, dass Kramp-Karrenbauer mehr europäische Kooperation vor allem in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik will. Macht sie als künftige Kanzlerin wahr, was sie jetzt ankündigt, bleibt eine sozialere EU mit stärkeren Institutionen ein Traum.

Stattdessen wird ein Europa entstehen, das hart zu Flüchtlingen ist, das gemeinsam Flugzeugträger baut und das stärker auf Nationalstaaten setzt. Das müssen sich ihre künftigen Koalitionspartner klarmachen – zuallererst die Grünen.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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