Kommentar Anti-Pegida-Petition: Eine peinliche Petition

Mit einer Petition appellieren Zehntausende für ein Verbot der Pegida-Demonstration in Dresden. Ist das gut gemeint? Nein.

Nacht, viele Menschen laufen auf einer Straße, mit Deutschlandfahnen

Pegida laufen wahrscheinlich auch am 9. November – hier vor einer Woche Foto: dpa

Sie meinen es sicher nur gut. Und deshalb klicken sie dann und geben ihren Namen dafür her: Mehr als 75.000 Menschen haben inzwischen auf der Petitionsplattform Change.org dafür unterzeichnet, eine Demonstration zu verbieten, die an diesem Montagabend in Dresden stattfinden soll. Der Hintergrund ist ernst: Auf dem ehemaligen Adolf-Hitler-Platz in Dresden versammeln sich dann wieder Tausende Menschen zu ihrer fremdenfeindlichen Hetze. Und das ausgerechnet am 77. Jahrestag des 9. November 1938, als Nationalsozialisten in Deutschland jüdische Geschäfte attackierten und in Brand setzen. Heute brennen Flüchtlingsunterkünfte, die öffentliche Stimmung, scheint es, könnte wieder kippen. Das ist erschreckend, verstörend und beklemmend.

Die Antwort darauf sind aber keine Demonstrationsverbote. Sie per Interneterklärung einzufordern, ist nun wahrlich die lächerlichste Form, falsche Schlüsse aus der Geschichte zu ziehen.

Es gehört zu den entscheidenden Lehren aus dem Nationalsozialismus, dass Fremdenfeindlichkeit und Rassismus lokal und konkret, vor allem aber gleichzeitig strukturell bekämpft werden müssen. Und zwar bereits im Entstehen. Dies ist etwa in Sachsen jahrzehntelang unterlassen worden, unter anderem durch eine konservative Regierungskoalition, die quer durch die Landesinstitutionen die Repräsentation des Fremdenfeindlichen für eine demokratische Praxis hielt – und die ihre Bevölkerung statt mit materiellen Ressourcen mit klischeebeladenen Phrasen füttert.

Die Auswüchse dessen zu bekämpfen ist daher 77 Jahre nach der Reichspogromnacht tatsächlich eine historische Verantwortung und zentrale Herausforderungen der deutschen Gegenwart. Und es ist korrekt beobachtet, dass die Lösung des Problems, das in Dresden und Sachsen besonders eindrücklich zu beobachten ist, nicht mehr den Sachsen überlassen werden kann. Andere müssen sich einmischen, in das, was ja längst nicht nur, aber auch auf dem ehemaligen Adolf-Hitler-Platz in Dresden passiert.

Eines aber ist naiv: Zu meinen, dass dies durch eine Petition gegen die Demonstrationsfreiheit auch nur in irgendeiner Weise sinnvoll sein könnte. Was soll das genau bewirken? Wer denkt danach anders als vorher? Und was wird damit verhindert?

Die Demonstrationsfreiheit einzuschränken, ist immer die schlechteste aller denkbaren Maßnahmen. Dass das Übel von Sachsen so sichtbar ist, ist zwar hässlich, aber es zu sehen, ist wichtig. Wer dagegen vorgehen will, darf nicht das Symptom bekämpfen, sondern sollte sich an die Ursachen halten. Es ist zwar traurig und bitter, aber: Mit Klicken geht das nicht weg.

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