Kommentar Anti-Uploadfilter-Aktivismus: Eine Debatte gespickt mit Panikmache

Ein CDU-Abgeordneter behauptet, Aktivist*innen gegen Uploadfilter seien gekauft. Der Vorwurf ist absurd und an Respektlosigkeit kaum zu überbieten.

ein Mann hält ein Schild hoch, auf dem steht „Filter? Nur für Kaffee!“

So sieht's nämlich mal aus! Foto: dpa

Auf der Suche nach Regeln für Inhalte im Netz schlägt die Politik um sich. Dieses Mal trifft es Tausende Menschen, die am Wochenende für ein Internet ohne Zensur auf die Straße gingen. Bezahlt sollen sie sein, manipuliert und gesteuert von den Internetgiganten.

Der Vorwurf aus den Reihen der CDU ist nicht nur absurd, er ist an Respektlosigkeit auch kaum zu überbieten. Er gleicht einem Schlag ins Gesicht der meist jungen Aktivist*innen, für die ein Leben ohne freies Internet unvorstellbar ist. Dabei räumen gerade sie mit dem Vorurteil auf, das dieser Generation mit am häufigsten entgegenschlägt: unpolitisch zu sein. Durch die Reform des EU-­Urheberrechts sehen sie einen maßgeblichen Teil ihres Alltags bedroht – und werden nun politisch.

Hintergrund der Aktion ist die aufgeheizte Debatte darüber, wie Urheber*innen besser geschützt werden können, wenn ihre Texte, Videos, Bilder oder Audiotöne online verwendet werden, und darüber, wie Plattformen im Fall von Rechtsverletzungen haftbar gemacht werden können. Seit Monaten laufen die Verhandlungen auf EU-Ebene und beschäftigen Abgeordnete, Kommission und Rat.

Die politische Debatte ist allerdings gespickt mit Falschaussagen, mit Panikmache, mit gefährlichem Halbwissen. Die einen warnen vor nichts Geringerem als dem Untergang des freien Internets, die anderen halten die Reform für die Revolution zum Schutz von Inhalten im Netz. Das Ganze wird angetrieben von den Eigeninteressen der größten Internetkonzerne, von Musikverlagen oder Netzaktivist*innen. Auf allen Seiten wird erbittert gekämpft. Sogar Morddrohungen soll der Chefvermittler auf EU-Ebene, Axel Voss (CDU), für seine Unterstützung der Urheberrechtsreform bekommen haben.

Der Schlagabtausch verschärft sich

Die Diskussion über Sinn und Unsinn der Reform ist emotional enorm aufgeladen. Da nun die finale Abstimmung im EU-Parlament näher rückt, verschärft sich der Schlagabtausch zwischen Befürworter*innen und Gegner*innen der Reform. Nun springen auch diejenigen auf den Empörungszug auf, die sich bisher erstaunlich still verhalten haben. Zum Beispiel die SPD, die sich zwar per Beschluss auf die Seite der Urheber stellt, aber zugleich die Fahne für ein zensurfreies Internet schwingt. Bisher hatten die So­zialdemokraten beim Thema Haftung von Plattformen keine starke Haltung gezeigt.

Was ist richtig oder falsch an der Reform? Das Urheberrecht ist ein technisch und rechtlich kompliziertes Gesetz. Alle Seiten brauchen saubere Argumente. Umso schlimmer ist es, wenn Aktivist*innen verunglimpft werden. Sie ­verlagern den digitalen Protest auf die harte Straße – und werden dafür nicht ernst genommen.

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Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort.

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