Kommentar BP-Entschädigung: Als wäre nie etwas geschehen

Der Katastrophenkonzern ist billig davongekommen. Die Entschädigung der Opfer der Ölkatastrophe sind Peanuts angesichts der sprudelnden Gewinne von BP.

Der Katastrophenkonzern BP hat es geschafft. Bei der Entschädigung der Opfer der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko vor zwei Jahren ist der Konzern mit 7,8 Milliarden Dollar davongekommen.

Das liegt am unteren Ende der Erwartungen. Morgan Stanley hatte im Vorfeld eine Spanne von 8 bis 13 Milliarden Dollar angegeben. Bei einem Unternehmensgewinn von 23,9 Milliarden Dollar im Jahr 2011 mit entsprechender Dividendenerhöhung für die Aktionäre ist der Gerichtsvergleich ein Schnäppchen für den Multi. Und dank des stark gestiegenen Ölpreises sprudeln die Gewinne des Konzerns wie nie zuvor.

Mit dem außergerichtlichen Vergleich hat BP eine von drei Fronten begradigt, jetzt muss man sich nur noch mit dem US-Staat und den mitschuldigen Ölservicefirmen Halliburton und Transocean einigen. Damit sich der Aktienkurs weiter erholen kann, war BP an einem möglichst geräuschlosen Vergleich interessiert.

Nichts hätte dem ramponierten Image mehr geschadet als ein jahrelanger Prozess, bei dem die Details der schlimmsten Ölkatastrophe in der Geschichte der Menschheit noch einmal öffentlich geworden wären: 11 tote Arbeiter, 780 Millionen Liter Öl, die in 87 Tagen aus dem Leck herausgeschossen sind, eine schlecht geführte Bohrplattform unter Billigflagge und Notfallpläne, in denen die Telefonnummern bereits verstorbener Experten standen.

Auch die Opfer wollten natürlich schnell Geld sehen und nicht erst nach zermürbenden Prozessjahren. Die Einigung ist ein Sieg für einen Konzern, den Opferanwalt Brent Coon als „die arroganteste Horde von Schweinehunden“ bezeichnete, mit denen er je zu tun hatte. Das US-Justizministerium hat nach Bekanntwerden der Einigung eilig darauf hingewiesen, dass der eigentliche Prozess – BP gegen die USA – noch bevorstehe.

Doch auch hier wird ein Vergleich kommen. Ein langer Prozess, der die Verquickung von Aufsichts- und Genehmigungsbehörden und der Ölindustrie ans Licht brächte und die verheerenden Gesetzesverstöße und Schlampereien, wäre für die staatlichen Instanzen und Präsident Obama höchst unangenehm. Irgendwann würde nämlich die Frage im Raum stehen, warum solch eine „Horde“ im Golf von Mexiko und in anderen hochsensiblen Tiefseeregionen ungeniert weiter nach Öl bohren darf – als wäre nie etwas geschehen.

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Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.

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