Kommentar Bettina Wulff: Die Grenzen der Berichterstattung

Die Gerüchte über Bettina Wulff sind falsch. Niemand kann und darf sich darüber hermachen. Berichten über die Folgen darf man aber schon.

Seit einer rot-grünen Reform im Jahr 2001 gilt Prostitution in Deutschland nicht mehr als sittenwidrig, sondern als ehrbarer Beruf. Dennoch muss sich Bettina Wulff nicht als Exprostituierte bezeichnen lassen, wenn sie keine war. Genauso wenig wie sie Schlagzeilen dulden muss wie „Eigentlich ist Bettina Wulff ein Mann“ oder „Bettina Wulff ist SPD-Mitglied“.

Mit ihrer eidesstattlichen Versicherung hat Bettina Wulff klargemacht: Da war nichts, die Gerüchte sind falsch. Es gibt auch keinen einzigen handfesten Beweis für das Gegenteil. Deshalb dürfen Medien und andere Akteure zu Recht nicht mehr behaupten, dass Bettina Wulff früher im Escort-Service gearbeitet hat.

Und niemand kann sich hier herausstehlen, indem er das Ganze als Gerücht kennzeichnet, das er nur gehört oder gelesen habe. Auch die Weiterverbreitung falscher Gerüchte verletzt das Persönlichkeitsrecht.

Ähnlich ist es mit Googles Funktion der Autovervollständigung. Wenn bei der Sucheingabe von „Bettina Wulff“ sofort ergänzt wird „Bettina Wulff Prostituierte“, dann wird zwar vom Computer nur aufgegriffen, was die Nutzer so suchen. Letztlich wird mit dieser Zeile aber eben suggestiv auch das falsche Gerücht verbreitet. Das sieht die Rechtsprechung derzeit zwar noch anders, aber vermutlich nicht mehr lange – zumal die Suchmaschine Google regelmäßig in die AutoFill-Funktion eingreift, wenn es um Urheberrechte und um Pornografie geht.

Die Grenze der Unterlassungsansprüche sind allerdings dort erreicht, wo es um weitergehende Diskussionen geht und dabei klargestellt wird, dass das Gerücht falsch ist. Dann kann auch über die Folgen falscher Gerüchte geschrieben werden (wie in diesem Kommentar) oder über die Intrigen in der niedersächsischen CDU.

Zwar wird durch die neue Welle der Berichterstattung sicher der eine oder andere auf das Gerücht aufmerksam, der es bisher noch gar nicht kannte. Das hat Bettina Wulff aber bewusst einkalkuliert. Sie will ja, dass ein falsches Gerücht als falsch erkannt wird. Diese Botschaft muss sie aktiv setzen und damit auch verbreiten.

Bettina Wulffs Bereitschaft, diesen Streit durchzustehen, wurde aber sicher auch dadurch gestärkt, dass die Medienaufmerksamkeit zugleich Werbung für ihr neues Buch bedeutet, natürlich nur ganz nebenbei.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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