Kommentar Bremer Hooligan-Prozess: Offensive Saumseligkeit

Was die Hooligans bei ihrem Überfall anrichteten, ist schon auf der physischen Ebene schlimm. Hinzu kommt der Psychoterror auf die Betroffenen. Am meisten Schaden verursacht jedoch die Justiz selbst.

Es ist ein perfider Zirkelschluss: Weil die Mühlen der Bremer Justiz zu langsam mahlten, kommen die angeklagten Hooligans, die vor über viereinhalb Jahren eine linke Werderfan-Party überfielen, offenbar mit einem blauen Auge davon - vulgo mit überschaubaren Tagessätzen. Was sie bei ihrem brutalen Überfall anrichteten, ist schon auf der physischen Ebene schlimmer als ein dickes Auge. Hinzu kommt der ausgeübte Psychoterror, die fortgesetzte Bedrohung der Betroffenen. Am meisten Schaden verursacht jedoch die Justiz selbst.

Mit ihrer geradezu offensiven Saumseligkeit verhindert sie eine angemessene Strafverfolgung. Die Methode ist simpel: Wer lange genug wartet, erspart sich die spätere Prozessführung. Für die in diesem Verfahren nicht eben ambitionierte Haltung der Justiz spricht auch die Herabstufung des eigentlich vor dem Landgericht angeklagten Überfalls zu einem Amtsgerichts-Prozess. Dass der zuständige Staatsanwalt im Urlaub ist, wenn das Verfahren nach gut viereinhalb Jahren dort endlich beginnen soll, ist nur noch das I-Tüpfelchen auf der Untätigkeit.

Doch auch ein Amtsgericht muss die politische Dimension des Prozesses erkennen und anerkennen: Es geht nicht um eine Testosteron-gesteuerte Fan-Hauerei, sondern um den Überfall neonazistischer Hooligans auf ein antirassistisches Fanprojekt. Dem nicht mit aller Entschiedenheit Einhalt zu gebieten, ist gesellschaftlich fatal.

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2001 bis 2016 Kulturredakteur der taz mit Sitz in Bremen

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