Kommentar Der Papst in Südamerika: Angst vor Argentinien

Auf seiner Südamerikareise meidet Franziskus sein Heimatland Argentinien. Er hat Angst um sein Image als Papst der Armen und Bedürftigen.

Papst Franziskus winkt am 16.01.2018 in Santiago de Chile (Chile) aus seinem Papamobil den Menschen zu

Angesagter Jubel: Papst Franziskus am Dienstag in Santiago de Chile Foto: dpa

Am Montag überflog Papst Franziskus Argentinien. Dass er auf seiner inzwischen sechsten Lateinamerikareise wieder nicht in Argentinien Station macht, stößt bei vielen auf immer weniger Verständnis, zumal es bei seinem jetzigen Besuch in Chile und Peru nun wirklich nicht weit für eine Stippvisite wäre.

Vom Himmel schickte er ein Grußtelegramm an Staatspräsident Mauricio Macri. Darin stand nicht Aufregendes und schon gar nicht, wann er endlich zum Besuch in seine alte Heimat kommt. Seit der ehemalige Erzbischof von Buenos Aires Jorge Bergoglio 2013 nach Rom aufbrach, dort zum Papst gewählt wurde und sich seither Franziskus nennt, war er nicht wieder in seinem katholischen Heimatland.

Gerade in Argentinien wäre der Papst der Armen und Bedürftigen willkommen. Jeder Dritte lebt hier unterhalb der Armutsgrenze, rund 14 Millionen Menschen. Schon als Erzbischof hatte er die besten Verbindungen in die Armensiedlungen in und um die großen Städte herum. Und stets wird gemutmaßt, wie der Papst von Rom aus weiter die Fäden zieht. Dass er in seinen ersten Amtsjahren nicht kam, verbuchten alle unter den Stichworten Einarbeitungszeit und Aufräumarbeiten. Stattdessen begannen Argentiniens Politiker, Gewerkschafter und VertreterInnen von Basisorganisationen einen nicht enden wollenden Pilgerzug nach Rom. Es unterstreicht die bekannte Tatsache, dass der argentinische Papst vor allem ein guter und schlauer Politiker und weit weniger ein Geistlicher ist.

Papst Franziskus wird nicht kommen. Er weiß, dass er nach einem Argentinienbesuch nur als Verlierer dastehen kann. Denn er weiß, wie seine Landsleute ticken. Er würde sein Image als Hoffnungsträger und Papst der Armen verlieren. Millionen ArgentinierInnen würden hoffnungs- und erwartungsvoll zu seinen Messen kommen, um nach seinem Abflug festzustellen, dass sich an ihren alltäglichen Kampf ums Überleben nichts geändert hat.

Franziskus würde eine enttäuschte Leere hinterlassen, die sich als gefährlicher sozialer Sprengstoff entladen könnte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Kommt aus Karlsruhe. Studierte Politische Wissenschaft in Hamburg und Berlin und arbeitete zwölf Jahre als Redakteur und Geschäftsführer der Lateinamerika Nachrichten in Berlin. Seit 2005 lebt er in Buenos Aires. Er ist Autor des Reisehandbuchs “Argentinien”, 2024, Reise Know-How Verlag.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.