Kommentar Der Wald und das Klima: Hier retten, dort roden

Die Waldbrände in Brandenburg und die geplante Abholzung des Hambacher Forstes: Beides steht für den Irrsinn der deutschen Klimapolitik.

Ein Feuerwehrmann hält den Strahl aus einem Wasserschlauch in einen vom Brand zerstörten Forst

Eine Szene wie aus einem Science-Fiction-Film – aufgenommen bei Beelitz in Brandenburg Foto: dpa

Es sind ähnliche Bilder, doch die Botschaft könnte unterschiedlicher nicht sein: Südlich von Berlin kämpften am Wochenende Hunderte Feuerwehrleute mit Schläuchen und Hubschraubern gegen die Flammen, die Polizei stellte Wasserwerfer zur Verfügung, um den Kiefernforst zu schützen. Gut 500 Kilometer weiter westlich ziehen ebenfalls mehrere hundert Uniformierte mit schwerem Gerät durch den Wald. Doch hier geht es nicht darum, ihn zu schützen, sondern seine Rodung vorzubereiten: Der Hambacher Wald soll der Braunkohle weichen.

Die beiden Szenen zeigen den Irrsinn, der sich in der deutschen Klimapolitik im Sommer 2018 abspielt. Die großflächigen Waldbrände, deren Rauch noch im Stadtzentrum von Berlin zu riechen war, werden begünstigt durch die wochenlange Dürre, die auch die Felder und Wiesen verdorren lässt. Es sind genau die Szenarien, vor denen Klimaforscher seit Jahren warnen, die wir jetzt erstmals live erleben. Das müsste eigentlich ein letzter Weckruf sein, jetzt endlich Ernst zu machen mit dem Klimaschutz. Verkehrswende, Kohleausstieg, Umbau von Land- und Forstwirtschaft – was zu tun ist, steht fest.

Doch kurzfristige wirtschaftliche Nachteile in Kauf zu nehmen, um langfristige Schäden zu verhindern, dazu ist die deutsche Politik weiterhin nicht in der Lage. Das zeigt sich am zweiten Brennpunkt, dem Hambacher Wald. Zwar beruft sich der Stromkonzern RWE, der dort die alten Bäume für seinen Tagebau roden will, zu Recht auf bestehende Genehmigungen. Und auch die Polizei verweist zu Recht darauf, dass sie nur umsetzt, was das Land NRW 2016 beschlossen hat – übrigens unter einer rot-grünen Regierung.

Doch seitdem ist einiges passiert. Immer mehr Studien kommen zu dem Schluss, dass Deutschland die Kohleverstromung schneller verringern kann und muss als bisher geplant. Eine hochrangig besetzte Kommission verhandelt derzeit über die Details – unter großer Aufmerksamkeit der weltweiten Klima-Community, für die sich an dieser Frage die deutsche Glaubwürdigkeit entscheidet.

In dieser Situation, in der unklar ist, wo noch wie viel Braunkohle gebraucht wird, sollten – unabhängig von der rechtlichen Situation – keine Bäume gefällt und somit Fakten geschaffen werden, die hinterher nicht reversibel sind. Wenn RWE zu dieser Einsicht von allein nicht willens ist, muss die Politik entsprechenden Druck ausüben. Denn dass im Rheinland Wälder abgeholzt werden, um den Klimawandel voranzutreiben, während gleichzeitig in Brandenburg Wälder gelöscht werden, die wegen des Klimawandels brennen – das ist wirklich schwer zu vermitteln.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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