Kommentar EU-Referendum: Säbelrasseln für die Galerie

Wiederholt schon haben sich britische Parteien über die EU heftig zerstritten. Jetzt sind es die Tories, die ohne Not die EU-Mitgliedschaft auf die Tagesordnung setzen.

Europa hatte schon immer das Potenzial, britische Parteien zu spalten. In den achtziger Jahren zerbrach Labour daran und verharrte zwei Jahrzehnte in der Opposition, in den Neunzigern waren es die Tories, die sich über Europa zerstritten.

Warum setzt der britische Premier David Cameron das Thema ohne Not jetzt wieder auf die Tagesordnung?

Es hat wie stets innerparteiliche Gründe. Mehr als hundert Tory-Abgeordnete trauen ihrem Premier in Bezug auf Europa nicht. Bei vielen geht die Angst vor der europafeindlichen „United Kingdom Independence Party (Ukip)“ um, die bei den Kommunalwahlen gut abschnitt.

Um die Nerven seiner Hinterbänkler zu beruhigen, hat Cameron in seinem Artikel im Sunday Telegraph also geschrieben, er habe nichts gegen ein Referendum.

Die Taktik ist nicht nur kurzsichtig, sondern sie geht auch nicht auf. Er hat mit seinem äußerst vagen Hinweis auf einen Volksentscheid keineswegs für vorläufige Ruhe in den eigenen Reihen gesorgt, sondern die Euroskeptiker ermutigt, von ihm nun konkrete Pläne zu verlangen.

Cameron hat sich aus Schwäche in eine Situation manövriert, in der er in den nächsten Wahlkampf mit dem festen Versprechen eines Referendums ziehen muss.

Darüber hinaus riskiert er einen Bruch der Koalition. Bisher hatte er sich mit seinem europafreundlichen Koalitionspartner Nick Clegg von den Liberalen Demokraten auf die Formel geeinigt, dass die Mitgliedschaft in der EU richtig sei und das Fernbleiben vom Euro ebenfalls.

Mit seinem Referendum-Vorstoß bringt er Clegg in Bedrängnis. Die Liberalen haben bisher nichts durchbekommen, sondern immer nur Tory-Politik abgenickt. Bei der Debatte um die EU-Mitgliedschaft wird Clegg die Notbremse ziehen, um nicht auch noch die letzten Wähler zu verprellen.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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