Kommentar EU zu Handelskonflikt: Schmerzhaftere Maßnahmen in petto

Ein Handelskonflikt mit den USA könnte lange andauern. Die EU muss deshalb eine Politik der Nadelstiche fahren. Steuern für IT-Konzerne sind ein Anfang.

Mark Zuckerberg sitzt unter einem Facebooklogo

Auch Facebook scheffelt in Europa große Gewinne – aber wie sieht's mit Steuern aus? Foto: dpa

Jeans, ein bisschen Orangensaft, ein paar Harleys, Bourbon Whiskey – die Liste der EU klingt harmlos. Tatsächlich kommen diese Produkte aus US-Staaten, in denen die Republikaner das Sagen haben. Wenn die EU dort ihrerseits Zölle als Reaktion auf die US-Zölle für Stahl und Aluminium erhebt, wird das die Parteifreunde von Donald Trump gewaltig schmerzen. Aber ob Schnapszölle Washington zum Einlenken zwingen? Fraglich. Ähnlich sieht es mit dem bereits von Brüssel angekündigten Gang vor die Welthandelsorganisation WTO aus.

Ab Freitag geht eventuell los, was einige bereits „Handelskrieg“ nennen: Dann wollen die USA Zusatzabgaben auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren erheben, zum Beispiel aus Duisburg oder Salzgitter. Ernstens: Vielleicht kommt doch alles anders. Zweitens: Diese Zölle sind nicht existenzbedrohend, auch nicht für Thyssen­krupp oder die Salzgitter AG.

Insgesamt sind nur 1,5 Prozent des transatlantischen Handels betroffen. Als die USA 1930 ihre Zölle anhoben, betraf das ein Drittel des europäischen Handels – und führte direkt in einen schweren Konflikt: Das Volumen des Welthandels sank binnen fünf Jahren auf ein Drittel des Vorkrisenwerts. Das sogenannte Smoot-Hawley-Gesetz war ein wichtiges Mosaik bei der Verschlechterung der weltweiten Beziehungen in den 30er Jahren.

Handelskonflikte dauern. Umso wichtiger, dass die EU eine Politik der Nadelstiche fährt – und seit Mittwoch ein neues Folterwerkzeug in die Hand genommen hat: die Steuer für Internetkonzerne. Es geht dabei um zusätzliche Milliarden für Facebook, Amazon & Co, die bislang in Europa Riesengewinne scheffeln, aber quasi nicht zur Kasse gebeten werden.

Auge um Auge, Zahn um Zahn: Es klingt archaisch, aber wenn der US-Präsident schon von Strafzöllen auf Mercedes und BWM fabuliert, ist es für die EU ratsam, schmerzhaftere Maßnahmen als bislang bekannt in petto zu haben. 3 Prozent Ertragssteuer für Konzerne mit über 750 Millionen Euro Umsatz sind maßvoll und treffen die Richtigen.

Den Makel der Abgabe kennt sicherlich auch die US-Regierung: Sie muss einstimmig beschlossen werden. Irland, wo mehrere US-Riesen ihren Sitz haben, hat sich bereits kritisch geäußert. Macht erst mal nix: Der Konflikt hat gerade erst begonnen, noch ist alles im Handelsfluss.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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