Kommentar Euro-Finanzminister: Lang getagt und nichts beschlossen

Die Finanzminister der Eurozone haben sich die Nacht um die Ohren geschlagen. Die Ergebnisse sind dürftig: Statt Beschlüsse zu fassen, wurde lediglich die Gegenwart interpretiert.

Die Ergebnisse sind mager, die die Euro-Finanzminister nach einer langen Nacht verkünden konnten. Es sind zudem keine neuen Beschlüsse, sondern eher Interpretationen der bereits bekannten Gegenwart. Dies wird nicht reichen, um die Eurokrise einzudämmen – wie die Finanzminister selbst wissen und es Wolfgang Schäuble auch zugegeben hat.

Da ist zunächst die Entscheidung, dass der Luxemburger Jean-Claude Juncker für weitere sechs Monate der Eurogruppen-Chef bleiben wird. Dies ist eigentlich gar keine Nachricht, denn schon vorher war unübersehbar, dass sich Frankreich und Deutschland nicht auf einen Kandidaten einigen können. Zudem wird das Amt des Eurogruppen-Chefs überschätzt. Um es böse zu formulieren: Es ist egal, wer unter Deutschland und Frankreich dieses Amt besetzt. Letztlich bestimmen diese beiden Länder, welchen Weg die Eurozone nimmt.

Ähnlich unergiebig sind die Ergebnisse bei der spanischen Bankenrettung. Dort wurde nur mit der Sprachverwirrung der vergangenen Tage aufgeräumt. Jetzt weiß man also, dass die „Bankenunion“ erst in fernerer Zukunft kommt. Dies wiederum bedeutet für die spanischen Banken, dass sie ihre Rettungsgelder vom spanischen Staat bekommen werden, der dafür bis zu 100 Milliarden Euro beim europäischen Rettungsschirm leihen kann. Dies war schon bisher der Plan. Einzige Neuerung: Die ersten 30 Milliarden sollen bald fließen.

Und schließlich ist den Finanzministern aufgefallen, dass in Spanien tiefe Rezession herrscht – die Defizite im Staatshaushalt also wachsen werden. Nun bekommt das Land ein Jahr länger Zeit, seine Haushaltslöcher zu stopfen. Auch dieser Beschluss wird sich als Makulatur erweisen. Denn Spanien ist längst zum Lehrbuchbeispiel des „Sparparadoxes“ geworden: Je mehr das Land seinen Haushalt kürzt, desto größer werden die Defizite, weil die Nachfrage wegbricht.

Die Euro-Finanzminister haben also nichts beschlossen, was die Eurokrise aufhalten könnte. Daher ist die eigentliche Nachricht dieser langen Nacht: Der nächste Krisengipfel kommt bestimmt. Und zwar sehr bald.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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