Kommentar Euroabstimmung: Die Demokratie bröselt schon

Seit wann ist die Opposition dafür verantwortlich, der Kanzlerin den Rücken zu stärken? SPD und Grüne spielen eitle Staatsmänner - und schaden dem Vertrauen in Politik.

Hallo Opposition, jemand zu Hause? Dauernd meinen SPD und Grüne, sich als Nebenregierung aufführen zu müssen: Schwarz-Gelb gebe ein mieses Bild ab, irgendwer müsse ja die Fahne deutscher Regierungstugenden hochhalten.

Mit dieser Begründung haben SPD und Grüne am Mittwoch auch der "Hebelung" des Eurorettungsfonds EFSF zugestimmt. Nur die Linkspartei blieb beim Nein. Merkel konnte mit einem Mandat von CDU, FDP, SPD und Grünen nach Brüssel fliegen.

Seit wann aber ist die Opposition dafür verantwortlich, der Regierungschefin den Rücken bei Entscheidungen zu stärken, die sie erklärtermaßen nicht einmal begreift? SPD-Fraktionschef Steinmeier sagte ausdrücklich, dass er die schwarz-gelben Ausführungen zur "Hebelung" nicht verstehe. Damit ist er nicht allein. Umso alberner aber ist es dann, Merkel das schöne Gefühl mitzugeben, dass SPD und Grüne mit geradestehen, wenn alle Befürchtungen wahr werden und die Rechnung fällig wird.

Und selbst wenn sich SPD und Grüne das politische Haftungsrisiko unbedingt aufbürden wollen - warum haben sie für diesen Liebesdienst nichts verlangt? Grünen-Fraktionschef Trittin will Merkels Einsatz für die Finanztransaktionssteuer ernsthaft als gutes Verhandlungsergebnis verkaufen. Merkel bekundet aber seit Monaten ihren Willen, bei EU und G 20 dafür zu kämpfen - mehr verspricht sie nun auch nicht. So billig war ein Ja der Opposition nie.

Unglaubwürdig ist es deshalb auch, wenn Grüne ein paar Atemzüge später laut nach der Vermögensabgabe rufen. Der Vorwurf, Schwarz-Gelb schade dem Vertrauen in die Politik - er fällt auf die Rot-Grünen zurück, die ihre Oppositionsfunktion ignorieren und eitel die Staatsmänner spielen.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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