Kommentar Föderalismusdebatte und SPD: Aufmucken im Bildungsbereich

Die SPD fordert in einem Papier eine „bildungspolitische Wende“. Damit macht sie Wahlkampf auf dem Rücken der Flüchtlinge.

Kinder melden sich im Schulunterricht

Schule für alle: gar nicht so leicht zu organisieren Foto: dpa

Hier ist sie wieder. Die Gretchenfrage der Föderalismusdebatte. Und sie gefährdet den Fortbestand der Großen Koalition. Mitten im Regierungsstreit über Transitzonen an der deutschen Grenze – und darüber, wie sie heißen dürfen – attackiert die SPD-Fraktion ihren Koalitionspartner in einem anderen Bereich: in der Bildungspolitik.

In dem am Dienstag vorgestellten 14-Punkteplan fordert sie nicht weniger als eine „bildungspolitische Wende“. Die könne nur gelingen, so das Resümee des fünfseitigen Papiers, wenn das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern falle. Oder, um es mit den Worten des federführenden SPD-Fraktionschefs Hubertus Heil zu sagen: wenn der „in Verfassungstext gegossene Irrtum“ abgeschafft würde.

Die Forderungen sind fast so alt wie das Kooperationsverbot selbst, das 2006 mit der Föderalismusreform ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Das letzte Mal, als sich die SPD so eindeutig positionierte, war sie in der Opposition. Das war im Jahr 2013. Ein Jahr später – die Sozis waren wieder Regierungspartner – war ihnen die Forderung plötzlich unangenehm. Dass die SPD die Föderalismusfrage, flankiert von den Grünen, jetzt erneut aufbringt, ist Wahlkampf auf dem Rücken der Flüchtlinge.

Der Kausalzusammenhang – das Kooperationsverbot muss weg, weil hunderttausende Asylsuchende in Schule, Ausbildung und Arbeitsmarkt gebracht werden müssen – dürfte bei Kommunen und Schulen auf offene Ohren stoßen. Genau wie die Vorstöße der Union in der „Lagerdebatte“ in der asylskeptischen Bevölkerung. Der Großen Koalition scheint daran gelegen, ihr jeweiliges Parteiprofil an der Flüchtlingsfrage zu schärfen. Sie nimmt in Kauf, daran zu zerbrechen.

Dabei sind die neuerlichen SPD-Forderungen prinzipiell richtig. Der Bund muss Ganztagsschulen, Sprachangebote für Kitas oder die Schulsozialarbeit ausbauen. Die Länderministerien brauchen mehr Geld, um auf die steigenden Schülerzahlen angemessen zu reagieren. Aber eine Regierungskoalition muss diese Punkte nicht öffentlich austragen. Und wenn, dann bitteschön weniger pathetisch. Das Papier heißt „Nationale Bildungsallianz“.

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Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.

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