Kommentar Folter in Georgien: Knastfolter im Kaukasus

Die Foltervideos, die aus aus einem georgischen Gefängnis stammen sollen, sind grauenhaft. Für Staatspräsident Saakaschwili sind sie gefährlich.

Sollten sich die Foltervideos aus einem Gefängnis in der georgischen Hauptstadt Tiflis als authentisch erweisen, dann wäre das ein Skandal. Seit Jahren sammeln Menschenrechtsgruppen Material über die chronische Überbelegung der Knäste in der Kaukasusrepublik, die weltweit eine der höchsten Inhaftierungsraten hat.

Aber Gefangene bis aufs Blut peinigen und mit Besenstielen vergewaltigen? Und sich damit der gleichen brutalen Methoden bedienen, die auch in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken, die in Russland selbst an der Tagesordnung sind? „Georgien ist anders. Anders, weil es Georgien ist“, wirbt die Regierung für sich auf ganzseitigen Anzeigen im Economist. Anders? Von wegen!

Für Staatspräsident Michail Saakaschwili kommen die jüngsten Enthüllungen, die spontan mehrere tausend Menschen auf die Straße brachten, zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Am 1. Oktober wählen die Georgier ein neues Parlament. Einmal abgesehen davon, dass der einstige „Rosenrevolutionär“, der im Mai 2011 eine regierungskritische Demonstration zusammenknüppeln ließ, bei vielen seiner Landsleute den Nimbus des westlich orientierten Reformers längst eingebüßt hat: Derlei massive Menschenrechtsverletzungen werden unentschlossene Wähler wohl kaum für Saakaschwili einnehmen.

ist Redakteurin im Auslandsressort der taz und zuständig für die Osteuropa-Berichterstattung.

Zudem dürfte sich die Polarisierung zwischen dem Regierungslager und der Opposition unter dem milliardenschweren Oligarchen Bidsina Iwanischwili noch weiter verstärken. Schon jetzt ist keiner der beiden Seiten ein Mittel zu billig, um den politischen Gegner zu diskreditieren.

Der Wahlkampf wird noch schmutziger werden. Für einen Urnengang, der bereits jetzt als wegweisend für die weitere Entwicklung des Landes gehandelt wird, sind das denkbar schlechte Voraussetzungen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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