Kommentar Gabriels Iran-Reise: Unangenehmer Beigeschmack

Sigmar Gabriels Iran-Besuch ebnet der Industrie den Weg. Den Wirtschaftsinteressen will er mit einer Floskel einen humanen Anstrich geben.

Sigmar Gabriel und Bijan Zanganeh

Lobbyarbeit: Sigmar Gabriel (l.) plaudert mit dem iranischen Ölminister Bijan Zanganeh. Foto: ap

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel besucht den Iran. Damit ist Deutschland das erste Land, das sich nach dem Atomabkommen um die zu erwartenden lukrativen Geschäfte mit der Islamischen Republik bemüht. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hofft, dass die deutschen Exporte in den Iran kurzfristig von 2,39 Milliarden im Jahr 2014 um mehr als das Vierfache steigen werden.

Die Hoffnung ist nicht abwegig. Iran hat die Chance, mit den Milliarden Euro, die durch die Aussetzung von Sanktionen frei werden, einen wirtschaftlichen Aufschwung herbeizuführen. Deutschland ist traditionell einer der wichtigsten Handelspartner des Iran. Auch politisch hat Deutschland im Gegensatz zu den USA oder Großbritannien im Iran einen guten Ruf. Von dem deutschen Engagement würden beide Staaten profitieren.

So plausibel das klingt, so brisant wird der Besuch, wenn man ihn im Hinblick auf die Lage in der Region betrachtet. Sicherlich wird die übereilte Reise des deutschen Wirtschaftsministers in den arabischen Ländern und noch mehr in Israel mit Argwohn registriert. Das ist auch dem Minister bewusst. Es gehe nicht allein um die Wirtschaft, sagte Gabriel. Er wolle auch als Vermittler zwischen dem Iran und Israel auftreten.

Angesichts der seit Jahrzehnten bestehenden Feindschaft zwischen den beiden Staaten zeugt das Angebot von einer amüsanten Selbstüberschätzung, die nur als ein unbedachter Ruf aus der Jubelstimmung gedeutet werden kann.

Menschenrechte verletzt

Aber die Visite hat noch einen zweiten unangenehmen Beigeschmack. Der Besuch Gabriels, dem in den nächsten Wochen andere ranghohe Politiker aus dem Westen folgen werden, täuscht darüber hinweg, dass es sich bei dem nun umworbenen Land um einen Staat handelt, der die Rechte seiner Bürger eklatant und permanent verletzt, um einen Staat, den man bis vor kurzem als Schurkenstaat und Achse des Bösen bezeichnete und gegen den wegen Missachtung der Menschenrechte immer noch Sanktionen bestehen.

Gabriel will nach eigenen Angaben auch das Thema der Menschenrechte „ansprechen“, eine Floskel, die immer verwendet wird, wenn Wirtschaftsinteressen einen humanen Anstrich bekommen sollen.

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