Kommentar Geschäfte mit dem Gedenken: Der Ball liegt bei den Pfeffersäcken

Gedenken sollte sein an der Hamburger Stadthausbrücke, aber nur, wie’s denn dem neuen Eigentümer gefällt. Aber was, wenn es sich reibt an Investoreninteressen?

Gefoltert und gequält, und das auch in Polizeiuniform: In Hamburg geschah das im Nationalsozialismus eben gerade hier Foto: dpa

Hommage an das Leben“, so haben, ausgerechnet, die Projektentwickler dieses ihrer Projekte überschrieben. Was sollen sie auch machen, wo ihnen – und wohl mehr noch: denen, deren Geld sie da verbauen – partout nur Immergleiches einfällt? Shopping, als „exklusiv“ zu vermarktendes, also per Verkauf schnellstmöglich Rendite abwerfendes Wohnen und etwas Hotellerie: Die Mischung, die da an der Stadthausbrücke Gestalt annimmt, ist kein Alleinstellungsmerkmal; nicht in diesen Zeiten und ganz sicher nicht in dieser Stadt.

Das dafür entkernte Gebäude aber, das 2009 ein CDU-Senat an die Firma Quantum verkaufte, ist etwas Besonderes, wenn auch auf eine hier allzu oft anzutreffende Weise: Gefoltert und gequält, und das auch in Polizeiuniform, wurde während des Nationalsozialismus vielerorts im Deutschen Reich. In Hamburg geschah das eben gerade hier, im langjährigen Hauptquartier von Geheimer Staats-, aber auch ganz normaler Polizei.

Nun war diese Besonderheit auch denen irgendwie bewusst, die vor fast zehn Jahren dieses Stückchen städtisches Tafelsilber zu Markte trugen: Doch, doch, Gedenken sollte sein an der Stadthausbrücke, aber nur, wie’s denn dem neuen Eigentümer gefällt. An der dafür auch nur unter einigem Gewürge gefundenen Regelung haben nun Menschen Kritik geäußert, die sich auskennen mit so was: Historiker von Rang, aber auch einer, der einst Hamburgs Polizei leitete.

Im Kern rühren sie an einer juristischen Frage: Ist das, was Quantum als Gedenkort abgerungen wurde, auch genug im Sinne des damaligen Kaufvertrags? Dazu verhalten könnte sich, als Vertragspartnerin, die Stadt Hamburg: Sie könnte es anders sehen als Quantum; sie könnte diesen Konflikt, so sie ihn denn sähe, unabhängig klären lassen – vom Gericht.

Und damit sind wir wieder im Politischen. Wie steht es ums Gedenken, wenn es sich reibt an Investoreninteressen? Wie viel Anstand haben die angeblichen Pfeffersäcke, wenn gerade nicht Sonntag ist – und keine Rede zu halten?

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Wollte irgendwann Geisteswissenschaftler werden, ließ mich aber vom Journalismus ablenken. Volontär bei der taz hamburg, später auch mal stv. Redaktionsleiter der taz nord. Seit Anfang 2017 Redakteur gerne -- aber nicht nur -- für Kulturelles i.w.S.

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