Kommentar Gestopftes Ozonloch: Fakten für den Erfolg

Aus dem Erfolg beim Ozonloch kann man etwas lernen: Alarmrufe aus der Wissenschaft müssen wieder todernst genommen werden.

Ein Herbstblatt fällt vor blauem Himmel von einem Baum

Vielleicht können wir bald den nächsten Erfolg nach dem Vorbild des Ozonlochs feiern Foto: dpa

Erfolge soll man feiern, wie sie fallen. Und die Umweltbewegung kann sich nicht so häufig über echte Fortschritte freuen. Nächste Woche beginnt die UN-Konferenz zum Schutz der Artenvielfalt – die Aussichten sind trübe. Nächsten Monat trifft sich die Welt wieder zum Klima – auch da gibt es mehr Probleme als Lösungen. Da kommt die Meldung vom „Ozonloch“ wie ein Geschenk des Himmels: Endlich ist die lebenswichtige Schutzschicht des Planeten wieder auf dem Weg der Besserung.

Das ist nicht nur eine gute Nachricht, weil es ein lebenserhaltendes System an Bord des Raumschiffs Erde repariert. Sondern weil es zeigt, was auch auf der globalen politischen Ebene machbar ist. Nicht umsonst gilt das Montreal-Protokoll, das 1987 den Ausstieg aus den Ozonkillern in Kühlschränken und Spraydosen vorschrieb, als bislang bester Umweltvertrag aller Zeiten.

Die Lösung war zwar einerseits einfacher als bei anderen Öko-Problemen. Denn die Zahl der Ozonkiller-Produzenten war begrenzt, es gab Ersatzstoffe und großen Druck der Öffentlichkeit. Ein Ausstieg aus den Brennstoffen Kohle, Öl und Gas ist dagegen ungleich schwieriger.

Der große Unterschied aber ist die Sichtweise auf das Problem. Der damalige US-Präsident Ronald Reagan war in dieser Öko-Frage kein Ideologe. Seiner Regierung und den anderen Staaten reichten die dringenden Warnungen der Wissenschaftler, um zu handeln. 30 Jahre später ist die Wissenschaft viel weiter. Wir wissen etwa beim Klimawandel, aber auch beim Artensterben, dem Verlust von Wäldern und Böden, der Überdüngung, der Wassernot oder der Zerstörung der Ozeane viel mehr als damals zum Ozonloch. Wir kennen die Gegenmaßnahmen und haben oft sogar das Geld dazu.

Die Industrie ist oft flexibler als es scheint

Warum passiert trotzdem heute zu wenig und das auch noch zu langsam? Einerseits ist die Welt durch den wirtschaftlichen Aufstieg der Schwellenländer komplizierter als im Industrieländerklub von 1987. Andererseits ist das Umweltthema in den USA, aber auch in anderen Ländern wie Brasilien, Polen und Ungarn inzwischen so ideologisch aufgeladen, dass Kompromiss als Verrat gelten.

Und es geht nicht nur darum, aus der Produktion einer einzelnen Chemikalie auszusteigen – sondern darum, unser gesamtes System von Produktion, Energie, Ernährung und Transport umzustellen: Weg vom Raubbau an den Ressourcen und Überlastung der Mülldeponien wie Atmosphäre, Umwelt und Meeren, hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Und wer das gesamte System einmal umkrempeln will, der trifft nicht nur auf begeisterte Zustimmung.

Aber aus dem Erfolg beim Ozonloch kann man durchaus etwas lernen: Alarmrufe aus der Wissenschaft müssen wieder todernst genommen werden. Die Industrie ist oft flexibler als es scheint, wenn sie klare Vorgaben bekommt. Und Politiker müssen von möglichst lautstarkem Protest immer mal wieder daran erinnert werden, mutig den Job zu machen, für den sie gewählt wurden: Schaden abzuwenden. Wenn das zusammenkommt, können wir vielleicht bald den nächsten Erfolg nach dem Vorbild des Ozonlochs feiern.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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