Kommentar Israel straft Palästinenser: Ein Schritt vor, zwei zurück

Als Reaktion auf neue Beitrittsgesuche der Palästinenser zu internationalen Instanzen bereitet Israel Strafmaßnahmen vor. Dem Frieden schaden beide Seiten.

Fest für befreite Gefangene – für die Palästinenser vorerst vorbei. Bild: dpa

Der Unmut von Justizministerin Zipi Livni über die Entscheidung der Palästinenser, jetzt und nicht später den Weg durch die internationalen Instanzen aufzunehmen, ist nur aus einem Grund verständlich. Diese Entscheidung unterläuft eine letzte minimale Chance, die Verhandlungen zu retten. Ein – zwei Tage länger hätten die Palästinenser schon noch warten können.

Trotzdem darf nicht vergessen werden, wer die im Vorfeld des Friedensdialogs vereinbarten Abmachungen als erster verletzte. Israel hätte schon Ende März die vierte Gruppe palästinensischer Gefangener auf freien Fuß setzen müssen. Rein formal sind die Palästinenser im Recht, wenn sie sagen, dass die einmal ignorierten Übereinkünfte nun auch für sie nicht länger bindend sind.

Die Reihe von Strafmaßnahmen kündigte Israel als Reaktion darauf an, dass Präsident Machmud Abbas einen Antrag stellte, mit dem sich die Palästinenser der 4. Genfer Konvention und 14 anderen internationalen Verträgen anschließen wollen.

Die 4. Genfer Konvention sieht den Schutz von Unbeteiligten im Verlauf bewaffneter Konflikte vor. Den Palästinensern gebührt ein Preis dafür, keine Strafe, dass sie die Konvention unterzeichnen wollen. Sie hätten es längst tun sollen.

Natürlich schießt Israel nicht gegen die Genfer Konvention; es geht um die Unilateralität dieser Maßnahme, die nun den weiteren Friedensweg erschwerten. Mit erschwerenden unilateralen Maßnahmen hat indes niemand größere und schmerzlichere Erfahrungen als wiederum die Palästinenser.

10.000 Neubauten, 10.000 Siedlerfamilien

Allein seit Beginn der aktuellen Verhandlungsrunde vor acht Monaten hat Israel mehr als 10.000 Neubauten für Siedlerwohnungen begonnen. In einigen Monaten werden wieder 10.000 israelische Familien ins besetzte Land ziehen und damit die Zweistaatenlösung ein Stückchen mehr zur Utopie machen.

Zum ersten Mal formulierte diese Woche ein hoher PLO-Funktionär die Forderung, die Verhandlungen weiterzuführen, allerdings einzig um den Grenzverlauf. Damit signalisieren die Palästinenser, die eine Interimslösung stets ablehnten, in einem Punkt Kompromisbereitschaft. Es muss nicht mehr um alles oder nichts gehen.

Mit dem jüngsten Sieben-Punkte-Katalog, darunter der komplette Siedlungsbaustopp, Ostjerusalem inklusive, die Anerkennung der 67er-Grenze, die Entlassung des Fatach-Führers Marwan Barghouti und eine Grenzöffnung zum Gazastreifen, dürften die Palästinenser jedoch die Hürde deutlich zu hoch gehängt haben. So richtig ernst scheint es auch den Palästinensern mit dem Frieden nicht zu sein.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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