Kommentar Kohlekumpel-Proteste: Berechtigte Ängste

Die Sorgen der Kohlekumpel im Rheinland sind berechtigt und müssen ernst genommen werden. Die Menschen brauchen eine Perspektive.

Demonstrantinnen halten ein Schild, auf dem "Make RWE Great Again" steht

Die DemonstrantInnen fürchten um ihre Jobs Foto: reuters

Im Hambacher Tagebau haben am Mittwoch mal wieder viele Menschen demonstriert. Diesmal allerdings hat sie statt Sorge um Bäume die Angst um ihren Arbeitsplatz auf die Straße getrieben. Aber wer interessiert sich in Zeiten der Klimakatastrophe schon für so etwas Profanes?

Nicht nur bei weiten Teilen der Umweltbewegung stößt der Protest der Kohlekumpel gänzlich auf Unverständnis. Doch damit macht man es sich zu einfach. Sicherlich wirken Schilder wie „Hambi muss weg“ oder „Baggi bleibt“ intellektuell etwas unterkomplex. Aber die demonstrierenden RWE-Beschäftigten deshalb einfach als nützliche Idio­ten ihres Arbeitgebers zu denunzieren ist nicht hilfreich.

Sinnvoller wäre es, die Sorgen und Nöte der Beschäftigten in der Kohlebranche und ihrer Familien ernst zu nehmen. Das Beispiel des Ruhrgebiets zeigt, zu welch sozialen Verheerungen ein schlecht organisierter Strukturwandel führen kann. Da sind Zukunftsängste verständlich.

Auch die Gewerkschaften, die zu der gestrigen Demonstration aufgerufen hatten, bestreiten nicht die Notwendigkeit des Kohleausstiegs. Aber sie fordern, dass der anstehende Strukturwandel sozialverträglich gestaltet wird. Das ist ein berechtigtes Anliegen.

Ignoranz ist keine Lösung

Noch hängen mehrere zehntausend Arbeitsplätze an dem klimaschädlichen Energieträger. Dass sich das möglichst schnell ändern muss, ist keine Frage. Aber wer den ökologischen Umbau will, muss alles dafür tun, den Betroffenen im rheinischen Revier wie auch in der Lausitz eine überzeugende Perspektive für die Zeit nach der Braunkohle aufzuzeigen. Ignoranz hilft da nicht weiter.

Die Energiekonzerne haben ein großes Interesse daran, den unausweichlichen Ausstieg so lange wie möglich herauszuzögern. Ihre Beschäftigten haben ein großes Interesse an einem sicheren Arbeitsplatz. Das sind keine deckungsgleichen Interessen. Deshalb würde es nicht schaden, wenn auch die Klima­aktivistInnen vom Hambacher Forst keinen Zweifel daran ließen, dass für sie die ökologische und die soziale Frage zusammengehören.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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