Kommentar Lebensmittelspekulation: Umgekehrte Beweislast

Die Deutsche Bank will weiter mit Nahrungsmitteln spekulieren und verleugnet, dass es einen Einfluss auf die Preise gibt. Das ist billigste Rhetorik.

Die Deutsche Bank will weiter mit Nahrungsmitteln spekulieren, und die Begründung ist denkbar schlicht: Es sei nicht nachgewiesen, dass die Börsenwetten die Lebensmittelpreise nach oben treiben. Damit wendet die Bank den simpelsten Trick an, den die Rhetorik kennt. Sie verschiebt die Beweislast – hin zu ihren Kritikern. Die NGOs sollen zweifelsfrei belegen, dass die Spekulation zu Hunger führt. Bis dahin will die Bank nur an ihre Millionenprofite denken.

Dies ist die Moral der Arroganz. Die Deutsche Bank weiß genau, dass ein eindeutiger Nachweis nicht möglich ist, wie stark die Spekulation die Nahrungsmittel verteuert. Dazu sind die Märkte zu komplex. Schließlich gibt es auch noch den Klimawandel, den zunehmenden Fleischkonsum in den Schwellenländern oder den Drang zum Biosprit, die erklären könnten, warum die Preise steigen.

Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch sehr hoch, dass die Spekulation die Nahrungsmittel verteuert. Dafür sprechen drei Gründe. Erstens: Die Kursschwankungen haben enorm zugenommen, seitdem die spekulativen Fonds eingestiegen sind.

Zweitens: Menschen müssen essen. Sie können ihre Nachfrage nach Getreide nicht beliebig einschränken, wenn die Preise zu hoch sind. Die virtuelle Spekulation kann also auf den realen Märkten nicht komplett korrigiert werden. Drittens: Die Deutsche Bank erhofft sich offenkundig steigende Gewinne aus dem Geschäft mit Nahrungsmittelderivaten – und irgendwo werden diese Profite ja herkommen müssen.

Man muss also die Beweislast umkehren. Die Deutsche Bank muss eindeutig nachweisen, dass ihre Spekulationsgeschäfte die Lebensmittel nicht teurer machen. Diesen Nachweis kann die Bank nicht erbringen. Also sollte sie darauf verzichten, aus dem Hunger Profit zu schlagen. Dies kann man übrigens erzwingen: Indem alle Kunden zu einer anderen Bank wechseln.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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