Kommentar Oettinger-Äußerungen: Verschwitzt miefiger Männerhumor

„Schlitzaugen“, „Pflicht-Homoehe“: Der EU-Kommissar begibt sich mit seiner Rede auf ein erstaunliches Niveau – das des Hinterzimmerstammtisches.

Günther Oettinger

Redner mit Niveau, wenn auch keinem sehr hohen: EU-Kommissar Günther Oettinger Foto: dpa

Günter Oettinger ist ein kluger Kopf. „Ihnen und mir“, sagte er kürzlich in seiner nun viel diskutierte Rede vor Hamburger Unternehmern, „geht es zu gut. Und wem es zu gut geht, der hat Flausen im Kopf.“

Günter Oettinger geht es gerade tatsächlich sehr gut. Er soll als EU-Kommissar befördert werden und im kommenden Jahr nicht mehr für das Internet, sondern für die Handelspolitik der Europäischen Union zuständig sein. Da kann man schon mal leichtsinnig werden und auf die Idee kommen, die Flausen, die einem so im Kopf herumschwirren, auch rauszulassen.

Also hat Oettinger Chinesen als „Schlitzaugen“ bezeichnet, sich über die Frauen-Quote beömmelt und die angeblich bevorstehende „Pflicht-Homoehe“ beklagt. Latent rassistisch, latent sexistisch und latent homophob in wenigen Sätzen, solch eine Dichte an verschwitzt miefigen Männerhumor hätte man allenfalls noch an kurz vor dem Aussterben stehenden Hinterzimmerstammtischen vermutet. Umso schlimmer, dass sich auch die honorige Hamburger Unternehmerschaft davon hörbar amüsiert fühlte.

Puh. All das ist schon schwer erträglich, ginge aber ganz zur Not vielleicht noch als schwer verunglückter Humor durch, wenn Oettinger in seiner Rede nicht gleichzeitig auch noch über Werte geredet hätte, die „wir“ exportieren müssten. Und über „unser Menschenbild“, das es einzubringen gelte in die globale Diskussion.

Das ist prinzipiell eine bedenkenswerte Idee. Aber kann man diesen Werte-Export einem Mann wie Güther Oettinger überlassen, in dessen Menschenbild die Gleichstellung von Frauen, Schwulen und Lesben nur als „Flause“ einer Gesellschaft vorkommt, der es zu gut geht?

Statt EU-Handelskommisar sollte Oettinger besser Moderator bei „Verstehen Sie Spaß?“ werden. Da malte sich der Moderator Guido Cantz am Wochenende in einem Filmbeitrag schwarz an, der zuständige Sender SWR nannte das ganze dann ganz harmlos „Unterhaltung“. Bei der ARD-Show ist miefig-dumpfbackiger Humor offensichtlich noch gefragt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.