Kommentar Papst suspendiert Bischof: Gott oder bigott

Der Limburger Bischof ist suspendiert. Ein mildes Urteil, über das man nur den Kopf schütteln kann. Und doch ist es eine zutiefst katholische Entscheidung.

Vergebung von ganz oben? Bischof Tebartz-van Elst war reuig beim Stellvertreter Gottes. Bild: dpa

Franz-Peter Tebartz-van Elst darf Bischof von Limburg bleiben. Er muss nur erst mal sein Amt ruhen lassen. Den lästigen Verwaltungskram erledigt so lange ein Generalvikar. Aber die Rückkehr in seinen gerade zur Luxusbude ausgebauten Amtssitz ist nicht ausgeschlossen, auch wenn da 31 Millionen Euro verschleudert wurden.

Dieses überraschend milde Urteil hat ausgerechnet der Papst gefällt, der seit Amtsantritt die pure Bescheidenheit predigt. Aber hätte nicht gerade der barmherzige Franziskus den protzsüchtigen Franz-Peter in die Wüste oder – besser noch – ohne Umweg zum Teufel schicken müssen? Ist es nicht bigott, wenn der oberste Katholik fromme Enthaltsamkeit als Nonplusultra darstellt, bei seinen Buddies aber ein Auge zudrückt?

Klar: Aus weltlicher Sicht kann man über die seltsame Entscheidung aus Rom wieder nur den Kopf schütteln.

Aber die katholische Kirche ist nicht von dieser Welt. Da wird – erstens – niemand zum Teufel geschickt. Jedenfalls nicht von irdischen Wesen. Nicht einmal vom Papst. Die ewige Verdammnis bleibt dem Herrgott da oben überlassen. Und deshalb gilt – zweitens – hienieden das im Katholizismus unumgängliche Gebot der Nächstenliebe. Auch, nein gerade gegenüber Sündern.

Das gilt erst recht für einen Papst wie den aktuellen, der sich mit aller Leidenschaft urchristlicher Demut verschrieben hat. „Der Gekreuzigte spricht zu uns nicht von einer Niederlage, einem Scheitern, sondern von einer Liebe, die über das Böse und die Sünde siegt“, hat Franziskus am Dienstagabend getwittert.

Fanatischer Humanismus

Wer das versteht, wird auch erkennen, dass der fast schon fanatische Humanismus dieses Papstes auf einer zutiefst katholischen Logik beruht. Wer wie der Limburger Bischof nach Rom pilgert, Sünden bereut und sein Schicksal in die Hände des Papstes legt, darf mit Vergebung rechen. Ein paar Vaterunser, ein Rosenkranz, und alles ist wieder gut. Bis zur nächsten Sünde.

Zumindest in der katholischen Welt, in der es auch als Fortschritt gilt, wenn Geschiedene künftig wieder am Abendmahl teilnehmen dürfen oder wenn Homosexuelle nicht mehr komplett verdammt werden. Bei aller Wut auf den Bischof: Als Katholik muss man die Milde des Papstes begrüßen.

Und wer das nicht so sieht, kann ja austreten aus der Kirche. Denn außerhalb der katholischen Welt darf man darüber nach Herzenslust den Kopf schütteln.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.