Kommentar Parlamentswahl in Dänemark: Der Wahlsieg als Denkzettel

Die Sozialdemokraten haben die Wahl gewonnen. Ihren Erfolg sollten sie für einen migrationspolitischen Kurswechsel nutzen.

Mette Frederiksen, Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei von Dänemark

Mette Frederiksen, Dänemarks potentiell nächste Ministerpräsidentin

Rot“ geworden ist Dänemark nach der Parlamentswahl am Mittwoch. Jedenfalls wenn man von der bislang dort geltenden Einteilung der politischen Landschaft in einen „roten“ und einen „blauen Block“ ausgeht. Beste Chancen auf das Ministerpräsidentenamt hat Mette Frederiksen, deren Sozialdemokraten mit knappem Vorsprung stärkste Partei geworden sind. Nach Schweden und Finnland könnten damit auch in Dänemark die Sozialdemokraten die Führung der Regierung übernehmen.

Eine historische Trendwende? Und gelang diese aufgrund der umstrittenen Strategie der Sozialdemokraten? Diese hatten seit 2015 einen scharfen Rechtsschwenk in der Flüchtlings- und Migrationspolitik vollzogen. Nicht nur beim Abstimmungsverhalten im Parlament, sondern auch bei programmatischen Ansagen ließen sich Unterschiede zu den regierenden Rechtsliberalen und den Rechtspopulisten selbst mit der Lupe kaum finden. Und tatsächlich konnten sie damit offenbar WählerInnen zurückgewinnen, die sie in der Vergangenheit nach rechts verloren hatten.

Das Dumme ist nur: Die Sozialdemokraten schnitten nun sogar einige Zehntelprozent schlechter ab als vor dieser Wende. Sie verloren nämlich mehr WählerInnen nach links, als sie rechts dazugewinnen konnten. „Rot“ ist Dänemark nur geworden, weil zu den 25,9 Prozent der Sozialdemokraten die 26,2 Prozent der Sozialliberalen und der drei rot-grünen Parteien dazukamen – mit klimapolitischen Ambitionen, die die der Sozialdemokraten deutlich in den Schatten stellen, sowie einer großzügigeren Migrationspolitik.

Was nun, Sozialdemokraten? Weitermachen wie bisher oder zu den humanistischen Wurzeln eurer Partei zurückkehren? Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der DänInnen eine kontrollierte Migrationspolitik haben will. Doch die kann man auch machen, wenn man nicht wie bisher Anstand und internationale Flüchtlingskonventionen über Bord wirft und auf Symbolpolitik und Schikane setzt.

Bei einer Neuorientierung könnte der „Socialdemokratiet“ die Tatsache helfen, dass das Thema Flüchtlinge auch in Dänemark deutlich an Relevanz verloren hat. Ihren „Sieg“ sollten die Sozialdemokraten jedenfalls eher als Denkzettel verstehen. Und als Chance für einen Kurswechsel nutzen.

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