Kommentar Parteitag der Republikaner: God, Guns and Gays

Mit Demokratie hat der Parteitag der Republikaner nichts zu tun. Ängste zu schüren mag vielleicht billig sein, aber es ist eine gefährliche Waffe.

Was in den Vereinigten Staaten gerade passiert, muss beunruhigen.

Wahlkämpfe polarisieren. Immer. Das gehört dazu. Die Dynamik aber, die sich in den vergangenen Monaten in den USA Bahn bricht – und nun im Krönungsparteitag des republikanischen Spitzenduos einen ersten traurigen Höhepunkt erlebt –, bewegt sich in einer neuen Dimension.

Schäumende Wut, die in blanken Hass umschlägt, bestimmt die Debatten. Argumente? Braucht man nicht. Den Frauen wird im Abtreibungsstreit jegliches Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen, mit blanker Ideologie, die theologisch verbrämt daherkommt. Fakten? Fehlanzeige. In offenem Rassismus wird über Herkunft und Religion von Präsident Barack Obama spekuliert, Wahrheiten werden verdreht.

Die Art, wie Romneys Mannen versuchen, die kritischen Stimmen aus dem eigenen Lager auszusperren, ist erschreckend, ruft Assoziationen an totalitäre Systeme hervor. Busse wurden auf ihrem Weg ins Kongresszentrum umgeleitet, Kritiker in der Halle niedergebrüllt, innerparteiliche Gegner wie Ron Paul durften auf dem Parteitag erst gar nicht sprechen. Mit Demokratie hat das nichts zu tun.

Aus europäischer Perspektive aber wirklich beunruhigend ist, dass diese verbalen Schlachten eben nicht nur im hermetisch abgeriegelten und sturmumtosten Kongresszentrum in Tampa geschlagen werden. Wenn es um den nächsten Präsidenten geht, scheint es nur noch Freund oder Feind zu geben. In den Diskussionen um die drei großen Gs – God, Guns and Gays (Schwule) – gilt die Null-Toleranz-Grenze: Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Nicht wenige langjährige Freundschaften zerbrechen an Küchentischen.

Präsident Obama hat hoch gepokert, als er die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben im Militär durchsetzte, die Homoehe befürwortete und leise andeutete, vielleicht sogar über die Waffengesetze nachdenken zu wollen. Er musste das tun, um seine Stammwählerschaft nicht zu verprellen. Aber er ging dabei an die Grundfesten einer Nation, deren Grundverständnis, dass jeder alles erreichen kann, ins Wanken geraten ist.

Ja, die Wirtschaftsdaten werden wichtig sein. Aber nicht nur. Wenn es Obamas Herausforderern gelingt, die Polarisierung weiter voranzutreiben, ist alles möglich. Ängste zu schüren mag billig sein. Aber es ist eine gefährliche Waffe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.