Kommentar Renten-Einigung: Reines Maulheldentum

Das von der Koalition vereinbarte Rentenpaket geht in die richtige Richtung. Es geht aber wieder mal nicht weit genug. Dabei gäbe es Ideen genug.

Eine Hand hält einen Rentenbescheid

Die SPD könnte genausogut eine stabile Rente bis 3040 fordern Foto: dpa

Nach dem Theater der vergangenen Tage hat das Rentenpaket von Arbeitsminister Hubertus Heil am Mittwoch doch noch das Kabinett passiert. Dabei sind die Abweichungen gegenüber dem Gesetzentwurf, den Heil Mitte Juli präsentiert hatte, nicht der Rede wert. Tatsächlich arbeiten SPD und Union einfach nur ihren Koalitionsvertrag ab.

Die einzige signifikante Modifizierung gibt es bei der „Mütterrente“. Und die bleibt schön kostenneutral – mit der Folge, dass es weiter eine Ungleichbehandlung von Eltern gibt, die ihren Nachwuchs vor oder aber nach 1992 bekommen haben. Die „Mütterrente“ wird auf die Grundsicherung angerechnet – ausgerechnet Eltern, die schon jetzt im Alter am Rande des Existenzminimums leben, profitieren davon also nicht.

Darüber hätte die SPD mit der Union streiten sollen. Ebenso sinnvoll wäre es gewesen, wenn die Genossen entschieden dafür eingetreten wären, die „Mütterrente“ nicht aus der Rentenkasse, sondern aus Steuermitteln zu finanzieren. Doch lieber beschränkten sie sich auf eine Schauforderung für die Galerie: Das derzeitige Rentenniveau solle nicht nur bis 2025, sondern bis 2040 stabil bleiben! Das klingt zwar gut, aber ist reines Maulheldentum. Denn wie die erzielte Renteneinigung zeigt, geht es ihr nicht um konkretes Regierungshandeln. Die Sozis wollen ihr sozialpolitisches Profil schärfen, ohne dass es etwas kostet. Genauso gut könnten sie ein stabiles Rentenniveau bis zum Jahr 3040 fordern. Wenn schon, denn schon.

Kurz: Das Rentenpaket geht in die richtige Richtung, aber wieder mal nicht weit genug. Ja, die sogenannte doppelte Haltelinie für Rentenniveau und Beitragssatz ist sinnvoll. Aber ist ein Rentenniveau von nur 48 Prozent wirklich ausreichend? Und wäre es nicht sozialer, statt nur den Betragssatz auf höchstens 20 Prozent festzuschreiben, über einen höheren Rentenversicherungsbeitrag der Arbeitgeber nachzudenken? Ist es nicht eigentlich längst überfällig, eine Erwerbstätigenversicherung zu schaffen, in die alle einzahlen: Arbeitnehmer, Selbstständige und Beamte? Doch zu alledem hört man von der SPD – nichts.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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