Kommentar Sexualstraftäter in Polen: Populismus statt Opferschutz

Auch ehemalige Sexualstraftäter haben ein Recht auf Privatsphäre. Prävention wäre sinnvoller, als sie an den Pranger zu stellen.

Kinder sitzen in einer Kita an einem Tisch

Wie schützt man Kinder am Besten vor pädophilen Erzieher*innen? Foto: dpa

Es gibt Vergewaltiger, die auf scheußliche Art und Weise ihre Opfer quälen. Und es gibt Sexualstraftäter, die gezielt die Nähe zu Kindern suchen, etwa als Pädagogen oder Sporttrainer, um ihnen schließlich Gewalt anzutun. Einige dieser Verbrecher wurden überführt, verurteilt, saßen im Gefängnis – und tun es dennoch wieder und wieder.

Ja, es ist frustrierend, dass es nicht gelingt, die Gesellschaft sicher und dauerhaft vor solchen Tätern zu schützen. Und ja, es macht wütend zu hören, dass da mal wieder ein pädophiler Erzieher in einem Jugendprojekt untergeschlüpft – oder ein frisch aus der Sicherungsverwahrung Entlassener rückfällig geworden ist.

Die Idee hinter der Sexualstraftäterdatenbank, die zum Jahresanfang in Polen online ging und in der Angaben zu 2.600 Sexualtätern für bestimmte Institutionen und Behörden zugänglich sind, scheint grundsätzlich nachvollziehbar: Wenn Verantwortliche in Jugendämtern oder Schulen einsehen können, dass jemand wegen Herstellung von Kinderpornografie oder schwerer Vergewaltigung gesessen hat, können sie Kinder (und Erwachsene) vor diesen Leuten schützen. Ein effektiver Opferschutz?

Leider nicht. Einen hundertprozentigen Schutz vor Straftaten gibt es auch dann nicht, wenn man verurteilte Täter an den Onlinepranger stellt. Wohl aber haben auch diese Menschen ein Recht auf Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte und Schutz ihrer Privatsphäre. Diese Grundrechte wirft Polen aber gerade über Bord. Denn wie sicher sind solche sensiblen Daten, sobald sie einmal online sind?

Außerdem hat die Datenbank noch einen zweiten, öffentlichen Bereich, in dem 800 Täter mit Name, Adresse und Foto kenntlich gemacht werden. Auf sie ist die Jagd jetzt eröffnet. Das ist nicht human. Und bringen wird es auch nichts, denn neue Straftäter wird es auch in Zukunft geben. Gewalt stirbt nicht aus, indem man ein paar Täter vernichtet. Prävention und Aufklärung sind wichtiger. Aber der polnischen PiS-Regierung scheint es allein um den populistischen Effekt zu gehen.

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Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.

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