Kommentar Steinmeier in Griechenland: Gemeinsame Zukunft mit Tücken

Deutschland und Griechenland kommen sich oft näher, als es ihnen lieb ist. Doch wie in allen Beziehungen gilt: Man muss darüber sprechen.

Touristen vor der Akropolis

Angesichts der Rechtspopulisten Europas müssen sich Griechenland und Deutschland auf die gemeinsamen demokratischen Werte besinnen Foto: dpa

Es ist höchst erfreulich, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und sein griechischer Amtskollege Prokoppis Pavlopoulos in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung gemeinsame Forderungen an die zukünftige EU stellen. Und was für Forderungen: eine Rückbesinnung an die Grundlagen Europas, eine Absage an autoritäres Denken und nicht zuletzt effiziente Entscheidungsmechanismen. Soll vermutlich heißen: Das Einstimmigkeitsprinzip abschaffen.

Dass Griechenland deutsche Zukunftskonzepte wohlwollend aufnimmt ist nicht unbedeutend zu einer Zeit, in der Rechtspopulisten im Süden und Osten des Kontinents zum Kampf gegen deutsche Dominanz in Europa aufrufen. Aber auch für die Griechen ist es richtungsweisend, wenn der erste Bürger im Staat mit gutem Beispiel vorangeht und gemeinsam mit seinem deutschen Amtskollegen über die Zukunft Europas reflektiert. Damit signalisiert er seinen Landsleuten: Wir müssen reden.

Denn allzu oft in den letzten Krisenjahren haben die Griechen und die Deutschen nicht miteinander, sondern lieber übereinander reden wollen. Nach dem Kalender ist die Schuldenkrise in Griechenland vorbei, die Realität sieht jedoch anders aus. Populisten aller Couleur warten nur darauf, bei der kommenden Europawahl aus der allgemeinen Unzufriedenheit in Griechenland Kapital zu schlagen. Politische Hasardeure bekämpft man am besten mit überzeugenden Konzepten, nicht mit Sonntagsreden.

Überschattet wird die Zukunftsdebatte von der Frage der Reparationen, die sich angeblich erledigt hat und trotzdem immer wieder auftaucht. Aus deutscher Sicht erscheint es geradezu abenteuerlich, dass man 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs über Reparationszahlungen spricht. Viele Griechen wiederum können nicht verstehen, dass man nach dem Krieg jegliche Forderungen auf später verschiebt um nun zu behaupten, man hätte damit früher kommen sollen. Auch hier gilt: Wir müssen reden.

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Jahrgang 1969, berichtet aus Athen u.a. für die taz und die Deutsche Welle. Er studierte Jura in Bonn und war langjähriger freier Mitarbeiter des WDR und der Deutschen Welle. Auch in Griechenland hat er als Redakteur und Live-Moderator gearbeitet.

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