Kommentar Studienreform: Auto ohne Räder

In den letzten zehn Jahren wurden 80 Prozent der Studiengänge neu organisert. Die Studierbarkeit war dabei kein Kriterium.

Wer sich die Absurdität dessen vor Augen führen will, was der für die Qualität der Studiengänge in Deutschland verantwortliche Akkreditierungsrat am Dienstag beschlossen hat, sollte sich auf folgendes Gedankenspiel einlassen: Sagen wir, Sie kaufen sich ein Auto und fahren es zum TÜV. Der TÜV schaut, ob der Fuchsschwanz richtig flattert und der Wunderbaum auch duftet. Ob die Karre auch fährt, das ist dem TÜV egal. Nach etwa zehn Jahren stellt er fest, dass ihr Auto gar nicht fährt, und fordert Nachbesserungen. Das finden Sie komisch?

Genau so aber ist der deutsche Hochschul-TÜV in den letzten zehn Jahren verfahren. In dieser Zeit wurden etwa 80 Prozent aller Studiengänge neu organisiert und bürokratischen Kontrollen nach Richtlinien dieses Uni-TÜV unterzogen. Doch ob die neuen Studiengänge überhaupt wirklich studierbar waren, das war dabei offenbar egal.

Kurz vor der nächsten Konferenz der Kultusminister am Donnerstag sollen die Bachelor-Studiengänge nun also repariert werden. Die Absicht ist klar: die Kultusminister, die über den Akkreditierungsrat wachen, möchten den protestierenden Studierenden dann entspannt zurufen können: "Wo ist das Problem? Wird doch jetzt alles geregelt."

Verschaukeln lassen sollten sich die Studierenden davon aber nicht. Dass "Studierbarkeit" nun zum zentralen Qualitätsmerkmal eines Bachelor-Studiums werden soll - für diesen Fortschritt hat die neu geschaffene Reformbürokratie an Deutschlands Unis zehn Jahre gebraucht.

Dahinter verbirgt sich ein grundsätzliches Problem. Ob ein Studiengang studierbar ist, wussten die Studierenden schon immer am besten. Die haben jetzt allen Grund, am Donnerstag nach mehr echter Mitbestimmung zu rufen.

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