Kommentar TV-Duell Merkel vs. Schulz: Kein Wunder, dass viele abschalten

Nur fünf Minuten für Sozialpolitik: Das ist zu wenig. Das Vertrauen in die großen Parteien ist nach diesem Fernsehduell gewiss nicht gestiegen.

Eine Frau und ein Mann gucken sich an

Wirklich gestritten haben sie nicht: Angela Merkel und Martin Schulz beim Fernsehduell Foto: reuters

Fünf Minuten Sozialpolitik, kein Wort über Bürgerrechte, Rechtsterrorismus, Bildungspolitik, verrottende Infrastruktur. Das ist die Bilanz des so genannten Duells zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem Herausforderer Martin Schulz.

Wer meint, „die Politik“ habe den Kontakt zu den realen Problemen der Wählerinnen und Wähler verloren, darf sich bestätigt fühlen. Die Frage ist, wessen Schuld das ist. Man kann Leuten schwerlich vorwerfen, wenn sie nicht auf Fragen antworten, die ihnen gar nicht gestellt werden. Das entlastet Merkel und Schulz.

Die Fragen stellten Moderatorinnen und Moderatoren. Und allmählich versteht man, warum die Wut auf „die Medien“ auch in Milieus wächst, die weder extremistisch noch gewaltbereit sind. In welcher Welt leben die Kolleginnen und Kollegen eigentlich?

Ja, es war richtig und vernünftig, einen großen Teil der Sendung dem Thema „Flüchtlinge“ zu widmen. Schließlich ist das ein Thema, das bisher im Wahlkampf weiträumig umfahren wurde. Aber war es wirklich sinnvoll, danach noch ein wenig über den türkischen Präsidenten Erdogan zu reden, über Nordkorea, Donald Trump und über Venezuela? Alles wichtige Themen, keine Frage. Aber die Bevölkerung der Bundesrepublik wählt ein Parlament. Keinen Regierungschef und auch keinen Weltenherrscher.

Fünf Minuten – fünf Minuten! –, die für Sozialpolitik übrig blieben: Das ist viel zu wenig. Niemand sollte sich wundern, wenn Leute einfach abschalten, die nach über einer Stunde noch immer nichts darüber gehört haben, wie sich ihre Wahlentscheidung auf ihre Lebensbedingungen auswirken wird.

Nun wird vor allem darüber geredet werden, ob Angela Merkel oder Martin Schulz sich besser geschlagen haben. Dabei ist viel interessanter, welche Auswirkungen diese Debatte auf die kleinen Parteien hatte. Bei der AfD, bei den Grünen, den Linken und der FDP dürften die Sektkorken geknallt haben. Das Vertrauen in die Führungsspitze der großen Parteien ist nach diesem Fernsehduell nämlich gewiss nicht gestiegen.

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Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).

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